Slow Travel auf der Baja California Sur – La Paz bis La Paz

 


Es war Liebe auf den ersten Blick. Die trockene wüstenhafte Landschaft mit wildwachsenden Kaktuspflanzen, das tiefblaue Meer, viel weites unbesiedeltes Land und Strände zum Wildcampen. Die Baja begeisterte uns bereits am ersten Abend den wir nur wenige Kilometer vom Fährhafen entfernt auf der Playa Tecolote verbrachten. 

Zwar sah der Strand vom letzten Hurrikan noch etwas mitgenommen aus aber das Meer war ohne Wellen und Anfang November ausreichend warm zum Schwimmen. Insgesamt ein netter Platz für ein paar Tage Strandurlaub. Leider währte unsere Freude nur kurz denn wir waren nicht alleine hier.  



Von November bis März zählt die Baja California zu den beliebtesten Urlaubs- und Überwinterungszielen für Amerikaner und Kanadier. Die Snowbirds wie sie hier genannt werden besiedeln während dieser Monate mit riesigen Wohnmobilen, überlangen Fifthwheel Anhängern und Pickup Campern die Strände. Manche haben auch noch ein Auto im Schlepptau oder zumindest ein ATV am Anhänger dabei.



Dazu kamen auch noch einige europäische Wohnmobilisten und so dauerte es nicht lange bis das erste Gefährt im Sand stecken blieb. Ohne Nachzudenken versuchte fast jeder Neuankömmling ungeachtet seiner Offroad Fähigkeiten und die seines Fahrzeuges bis zum letzten Zipfel des Strandes zu fahren. Und ebenso fast jeder hatte dann die Idee dass wir ihn wieder rausziehen sollten. Nach zwei Tagen ergriffen wir regelrecht die Flucht nachdem wir am Vorabend im Dunkeln einen mexikanischen Pickup Camper vor der herannahenden Flut retten mussten sonst wäre er im Meer versunken.

Die Badelust hatte ich sowieso bereits verloren weil mich nach einer schmerzhafte Begegnung mit einem Stachelrochen nicht mehr richtig ins Wasser traute, also machten wir uns auf in den Süden. 

Über den touristischen Ort Los Barilles fuhren bis zum Ende der Asphaltstrasse. In La Ribera schwenkten wir auf die Piste des Camino del Este ein. Die Küstenregion war bis dahin übersät mit Immobilienentwicklungsgebieten. Vom unbebauten Grundstück über die Einzelvilla bis zur Apartmentanlage, die Nachfrage nach Objekten schien gross zu sein. In La Ribera war fast der gesamte Strand wegen dem Bau einer Luxus Marina abgesperrt. 

Unser Übernachtungsplatz lag zwar am Meer aber der Blick auf die Grossbaustelle war nicht besonders prickelnd. Einmal wählten wir auch einen der zahlreichen Campingplätze um die Wassertanks aufzufüllen und Wäsche zu erledigen. Die Preise waren deutlich höher als am Festland aber dafür gab es blitzsaubere Sanitäranlagen, Strom und Wasseranschlüsse direkt am Standplatz und gut funktionierende Waschmaschinen.

Gewöhnungsbedürftig fanden wir die vielen ATVs und Side by Side Buggys die durch die Ortschaften kurven oder zur Strandspazierfahrt genutzt werden. Man geht nicht Spazieren, man fährt. Die vielen Ausländer sind auch der Grund dass wir kaum noch auf Spanisch angesprochen wurden, die Mexikaner haben sich längst auf diesen Tourismus eingestellt. Man ist ein Gringo und damit eine Cash Cow.  

Am Camino del Este änderte sich das etwas. Die Strecke ist grossteils nur für geländegängige Fahrzeuge geeignet und belohnte uns mit traumhaften teils unberührten Stränden. Wir liessen uns Zeit und tingelten meist nur wenige Kilometer weiter bis zum nächsten Traumstrand. Die Playa Miramar und der lange Strand von Los Frailes kürten wir zu unseren Favoriten obwohl mich dort diesmal eine Qualle erwischte.

Manche Buchten wurden nicht nur von Campern sondern auch von Segelyachten oder Motorbooten als Ankerplatz genutzt und wir hatten Gelegenheit sogar eine der teuersten Privatsegelyachten der Welt zu beobachten.

Wir verbrachten die Tage mit ausgedehnten Spaziergängen am Strand, Lesen, Brot und Kuchen backen und frönten dem Badespass. Obwohl bereits Ende des Jahres war es tagsüber sehr heiss. 

Das glasklare Meer erinnerte an die Karibik und so buchten wir in Cabo Pulmo eine Tauchausfahrt. Das vielgepriesene Meeresschutzgebiet enttäuschte uns aber. Die Sicht war durchschnittlich, der Preis überteuert und obendrein alles schlecht organisiert.

Je weiter südlich wir vordrangen umso schlechter wurde die Piste.  Nach rund 80 Kilometern begannen wieder Bauprojekte, ein klares Zeichen dass wir uns Los Cabos der Südspitze der Baja California näherten. Nachdem wir unsere Reifen wieder mit Strassenluftdruck befüllt hatten erreichten wir mit San Jose del Cabo die erste Stadt dieser noblen Gegend. Schon vor Jahrzehnten entstanden hier die ersten Hotels und Apartmentanlagen bevor es sich zum Tummelplatz der Reichen entwickelte.

Im wahrscheinlich teuersten aber besten Supermarkt ganz Mexikos erledigten wir einen seit langem notwendigen Grosseinkauf und deckten uns ordentlich mit Import Wurst ein. Ein riesen Verkehrstau nahm uns jedoch die Lust San Jose näher zu besichtigen und so machten wir uns auf dem Weg zum eigentlichen Nobelort Cabo San Lucas. 

Eine schier endlose Hotelmeile und Villensiedlung, der sogenannte Korridor verbindet die beiden Städte. Die Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz war mühsam denn nur kleine Strandabschnitte sind öffentlich zugänglich und die meisten davon boten viel zu kleine Parkplätze für den Iveco. 

In Cabo San Lucas hatten wir mehr Glück. Wir quartierten uns auf einem gebührenpflichten Parkplatz direkt neben der noblen Marina ein.

Es war perfekt. Der Tauchshop war in Gehweite und abends schlenderten wir durch die Marina und testeten die zahlreichen Restaurants.


Cabo San Lucas ist ein beliebtes Ziel für Kreuzfahrtschiffe. Fast täglich ankerte ein Schiff und spuckte tausende Gäste aus. So waren die Tauchplätze mit Booten und Schnorchlern ziemlich überfüllt aber die Unterwasserwelt war intakt und die Sichtweite betrug bis zu 20 Metern.

Nach einigen Tagen in diesem Luxusumfeld zog es uns wieder in die Einsamkeit. Auf gut ausgebauter 4 spuriger Strasse ging es entlang der Pazifikseite wieder gen Norden.

Wir erkundeten einige wunderschöne sehr einsame Strände wobei wir oft Schwierigkeiten hatten die richtigen Zufahrten zu finden. An Schwimmen war jedoch nicht mehr zu denken denn die Pazifikwelle ist leider zu hoch oder die Strömungen sind so stark dass es einem schon im knietiefen Wasser die Beine wegzuziehen drohte. Dafür entschädigten die einmaligen Sonnenuntergänge und der freie Blick zum westlichen Horizont. Wer hier wegsegelt erreicht erst in Japan wieder Land.

Die nächste grössere Stadt erreichten wir erst wieder in Todos Santos. Der historische Stadtkern ist ein lohnendes Ausflugsziel und bietet nette Cafes, Restaurants und Souvenirläden. Wir entschieden uns für ein einfaches typisch mexikanischen Taco Lokal wo wir das beste Fischtaco unserer gesamten Reise genossen.

Danach ging es wieder quer über die Baja nach Osten auf die Seite des Golfs von Californien nach La Paz. Es gab einiges zu tun. Neben einem Besuch im Walmart versuchten wir auch eine Reifenwerkstatt zum Drehen unserer schon sehr abgefahrenen Pneus zu finden leider erfolglos. Die Sprengringfelgen und die grosse Dimension liess wenig Begeisterung aufkommen. 

So verbrachten wir die nächsten Tage am Maranatha Campingplatz mit den üblichen Wasch- und Putzaktivitäten und kümmerten uns um die tropfende Dieselrücklaufleitung. Das Problem löste sich zum Glück rasch von selbst als wir die Leitung etwas anders verlegten und die Spannung aus der Verbindung nahmen, schon war alles wieder dicht.


Die Runde durch den südlichsten Teil der Baja California betrug nur rund 360 Kilometer aber wir waren dafür ein gutes Monat unterwegs. In den Jahren unserer Weltreise reisten wir noch nie so langsam und fanden ebenfalls noch nie so viele herrliche und sichere Wildcampingplätze.