Endlich ein einfacher und schneller Grenzübergang. Nach zwei Stunden war alles erledigt. Nur die Gebühr für das Iveco Zolldokument fiel doppelt so hoch aus weil wir für die Bezahlung nur USD anbieten konnten. Mit Guatemala Quetzal oder Honduras Lempiras wäre es deutlich billiger gewesen.
Nach etlichen Kilometern auf kurviger Strasse durch
Tieflandurwald fanden wir in Rio Dulce nach langer Zeit einen richtig
entspannenden Stellplatz. Der Ort liegt am gleichnamigen Fluss der direkt in
die Karibik mündet. Für über eine Woche parkten wir am Gelände einer grossen Marina. Alfred hatte sich eine starke
Verkühlung eingefangen und konnte sich hier gut erholen. Das Guatemala zu den
ärmsten Ländern Mittelamerikas zählt merkte man in dieser Umgebung jedoch nicht.
Hier treffen sich die Reichen des Landes um ihre
exklusiven Motorboote auszuführen oder Weltenbummler die ihre Segelboote
günstig renovieren lassen. Für uns war es interessant die Welt von Segelnomaden
kennenzulernen und zugleich praktisch weil es Waschmaschinen gab und
Stromanschluss denn unsere Klimaanlage lief fast ununterbrochen. Die schwüle
Hitze setzte uns zu.
Einen ersten Eindruck vom Land gewannen wir erst auf
der Weiterfahrt als wir die ersten Besorgungen erledigten. Im Ort Rio Dulce
sahen wir uns erstmals konfrontiert mit dem extremen Verkehr und den viel zu
engen Strassen im Land. Wir quetschten den Iveco in eine Parkverbotszone um
schnell ein paar Lebensmittel, eine neue Sim Karte und Bargeld vom Automaten zu
organisieren.
Bei Temperaturen von über 35 Grad mit gefühlt 100 %
Luftfeuchtigkeit waren wir froh die nächsten Tage im klimatisierten Iveco zu
sitzen. Wir machten Strecke mit dem Ziel Tikal.
Tikal zählt zu den grössten und beeindruckensten Maya
Ruinenstätten die bisher entdeckt wurden. Das Gelände befindet sich rund 40
Kilometer abseits der Hauptstrasse in hügeliger Landschaft eines
Trockenurwaldes. Die Besiedelungsgeschichte dieser Region lässt sich bis 900
Jahre v. Chr. zurückdatieren wobei die Tempelruinen ca. 1500 Jahre alt sind.
Die Anlage ist weitläufig. Wir legten an diesem Tag fast 15 Kilometer zurück um
alle Tempel und freigelegten Gebäude zu besichtigen. Sehr imposant, wir waren
begeistert.
Erst am nächsten Tag merkten wir dass wir uns auf der
Campingwiese der Nationalparkbehörde dutzende Zecken eingefangen hatten. Alfred
war besonders betroffen aber glücklicherweise heilten die Bisse ohne
Entzündungen wieder ab.
Nach einer kurzen Badepause im See Peten Itza nutzten wir den freien Übernachtungsplatz in der Stadt Peten am Gelände eines öffentlichen Parkplatzes. Nach einem Marktbesuch erkundeten wir die kleine Insel Flores. Ein Treffpunkt der Traveller Szene und Ausflugsort für Einheimische mit netten Restaurants und kolonialem Flair.
Wir gönnten uns ein
Essen, aber wie so oft schmeckte es uns nicht besonders. Zumindest die
Restaurantküche Mittelamerikas empfinden wir als extrem eintönig. Die Menüs
bestehen fast immer aus kurzgebratenem Fleisch, Huhn, Rind oder Fisch mit Reis
und Salat. Kein Saft, kein Geschmack einfach nur fade. Sind wir froh unsere
eigene Küche dabei zu haben.
Nach Wochen in der Tiefland Hitze sehnten wir uns nach
Erfrischung und steuerten Richtung Hochland zu den Vulkanbergen. Die Strassen
waren recht passabel. Erstaunen liess uns nur eine Flussüberquerung die anstatt
per Brücke noch immer mittels Fähre bewältigt wird. Vom Minibus bis zum
Kuhlaster, alles wurde transportiert. Guatemala ist wie seine Nachbarn ein
armes Land mit hoher Kriminalität und extremer Korruption. Wahrscheinlich sind
die Gelder für den Brückenbau in andere Quellen geflossen.
Nachdem die Strassenkarte zwei Strecken zu unserem
nächsten Ziel der Stadt Coban zeigte nahmen wir unwissentlich diejenige mit
besonders enger kurviger Streckenführung. Bis wir Coban auf 1300 Meter Seehöhe
erreichten ging es endlos steil bergauf und wieder bergab. Manchmal erforderte
die Steigung sogar den 3. Gang von unseren 12 Gang Getriebe, so steil war es. Die
Fahrt war anstrengend.
Coban ist ein Zentrum für Kaffeeanbau. Die sanften
Hänge dieser Bergregion bieten perfekte Bedingungen für den Anbau der Bohnen.
Eigentlich wollten wir neben dem Besuch einer Kaffeeplantage auch die koloniale
Altstadt besichtigen aber das verwarfen wir schnell denn die Stadt erstickte im
Verkehrschaos. Staus, keine Parkplätze und schon wieder viel zu enge Gassen
vermiesten uns jegliche Stadtbesichtigung.
Dafür entdeckten wir den etwas ausserhalb gelegenen
Marktgelände mit angrenzendem Busbahnhof und das entschädigte uns total.
Die Weiterfahrt nach Guatemala City war unspektakulär. Auf halber Strecke begann eine Autobahn die uns für hiesige Verhältnisse relativ entspannt durch die verschachtelte Bergregion führte.
Die Hauptstadt Guatemala City durchquerten wir nur. Es
war Sonntag und verkehrsmässig ziemlich ruhig. Kurvig schlängelte sich die
Autobahn über die Berglandschaft bis auf rund 2000 m. Dann ging es stetig
bergab bis wir unser Ziel die frühere Hauptstadt Antigua erreichten.
Eine überaus stylische Kolonialstadt. Obwohl die
Altstadt mit ihren kopfsteingepflasterten engen Gassen zu den Top
Sehenswürdigkeiten des Landes zählt hat Antigua nichts von ihrer
Ursprünglichkeit eingebüsst. Die Stadt ist lebendig, die alten Häuser sind
bewohnt oder von Geschäften genutzt.
Die Einfahrt zum Stellplatz am Polizeigelände mitten
im Zentrum meisterte der Iveco zentimetergenau. Ein paar Blumen hatten wir
schon abrasiert und die Bäume streiften wie so oft unsere Solarpanele aber es
passte. Der Platz war fast voll und schien ein Treffpunkt für Overlander zu
sein. Wir sind zwar nicht so Gemeinschaftstypen aber ein paar Plaudereien zum
Austausch von Infos waren ganz angenehm.
Neben der Stadtbesichtigung absolvierte Alfred wieder
einmal einen Zahnarztbesuch. Nach erfolgreicher Zahnextraktion verbrachten wir
die Woche mit Stadtbummel, Marktbesuchen und etwas Shopping.
Nachdem wir schon am Markt in Antigua die Indios in
ihren Trachten kennengerlernt hatten wollten wir noch mehr von dieser
Hochlandkultur entdecken. Also auf in den kleinen Hochland Ort Chichicastanenga
zu dem berühmten grossen Sonntagsmarkt.
Die Anfahrt war abenteuerlich. Topographisch ein schwieriges
Gelände und dazu ein verrückter Strassenbau. Serpentinen mit einer unfassbaren Steilheit
und engsten Radien, echt verrückt. Dieser rund 20 Kilometer lange Strassenabschnitt
zählt zu den gefährlichsten und unfallträchtigsten Strecken in ganz Guatemala.
Um die Steigungen zu schaffen rasen die Busfahrer mit atemberaubendem Tempo durch die Kurven und schneiden dabei über die Gegenfahrbahn weil es so eng ist.
Wir waren nervlich angeschlagen als wir endlich den
Ort erreichten.
Doch es ging munter weiter. Die Gassen waren so eng
dass zwei entgegenkommende Fahrzeuge kaum Platz fanden. Wir mussten aufpassen keine
Hausfassaden abzuradieren oder Strommasten umzufahren. Als dann auch noch ein
Lastwagen entgegen kam war das Chaos perfekt. Gut dass man in Guatemala Gelassenheit gewohnt
ist. Geduldig wurde zurückgeschoben und herumrangiert, irgendwie funktionierte
es immer.
Wir fanden den Markt bereits während der Woche toll. Ein
buntes Treiben in entspannter Atmosphäre.
Es war wieder Sonntag. Nach einer Abzweigung wunderten
wir uns zwar über die relativ enge Strasse aber das war eben Guatemala. An die
Steilheit mancher Abschnitte und die Enge gewöhnten wir uns langsam aber als
wir in einem winzigen Bergdorf vor einem Umleitungsschild standen das quer über
den Berg durch das verwinkelte Dorf zeigte schwante uns böses. Umkehren ging
nicht, viel zu eng also weiter.
Im Dorf fand gerade ein Sonntagsmarkt statt, es
herrschte Volksfeststimmung und entsprechend viel Verkehr. Das Fiasko war
perfekt.
Erst jetzt dämmerte es uns langsam dass dies nicht die
richtige Strecke sein konnte und wieso wir keinen einzigen Lastwagen getroffen
hatten.
Die Einweiser taten ihr Bestes aber trotzdem streiften
wir an so manchen Dachrinnen oder Kabelmasten. Alfred ging vor und versuchte
verzweifelt Platz für den Iveco zu schaffen. Ich fürchtete um die Reifen den ob
Randstein oder Steine sie mussten irgendwie hindurchgequetscht werden. Nach
über einer Stunde hatten wir den einen Kilometer Strecke zur Ortsausfahrt
geschafft. Neben dem Iveco waren auch unsere Nerven ziemlich malträtiert.
Ab jetzt konnte uns nichts mehr schrecken. Auch nicht
die enge Stadtdurchfahrt in Totonicapan. Bis zur Grenze in La Mesilla war es
nicht mehr weit.
Die steilen engen Strassen und Ortschaften Guatemalas
werden uns ewig in Erinnerung bleiben genauso wie die bunten Märkte und kleinen
Mayas. Guatemala hatte sehr vielfältiges zu bieten und war die Aufregung wert.