Mauretanien II – Endstation Überschwemmung

 


Auf einer erst vor fünf Jahren neu asphaltierten Strasse verliessen wir Rosso. Immer entlang des Senegal Flusses durchquerten wir die einzige fruchtbare Gegend Mauretaniens. Reisfelder und ein bisschen Gemüse dazwischen Kuhherden die noch letzte Halme von abgeernteten Feldern frassen.



Es dauerte nicht lange und wir krachten ins erste Schlagloch. Typisch Afrika, der tatsächliche Strassenbau wird billigst mit nur einem Bruchteil der Budgetmittel realisiert, der Rest der Gelder verschwindet im Korruptionssumpf. Die Hinweistafeln mit der EU Flagge zeigten den diesmaligen Sponsor.



Der Verkehr hielt sich in Grenzen sofern wir die Esels- und Pferdekarren nicht mitzählten. Die Menschen leben einfach. Meist besitzen sie nur Planenverschläge. Gebadet und Wäsche gewaschen wird im Fluss. Nur grössere Städte sind elektrifiziert oder haben Fliesswasser Anschluss. In Mauretanien dominieren Ortsbrunnen und jede Menge Wasserkanister vor den Häusern. Als Lichtquelle dienen batteriebetriebene Taschenlampen, sonstiges Licht gibt nur ein Feuer wobei Holz absolute Mangelware ist und Gas, wenn überhaupt leistbar nur zum Kochen verwendet wird.



Für uns stellte die Wasserversorgung das grösste Problem dar. Zapfstellen hatten grundsätzlich kaum Druck und befanden sich meist bei der Toilette von Tankstellen. Schon einen kleinen Kanister zu füllen war mühsam, ein direktes Betanken unmöglich. Wir begannen deshalb schon frühzeitig mit unseren Vorräten sparsam umzugehen. Das war unser Glück denn kurz bevor wir vom Städtchen Bogue nach Norden schwenkten fiel eine unserer Druckpumpen aus. Für eine Reparatur stand uns nicht der Kopf aber wir konnten ja umpumpen. 



Wir verliessen die lebendig grüne Flusslandschaft und durchquerten eine mit kurzem Gras bewachsene Trockensavanne, die Sahelzone war erreicht. Noch war alles grün und die Kuh- und Ziegenherden fanden genügend Nahrung. Doch die Regenzeit neigte sich dem Ende zu und bald wird der überweidete Boden wieder austrocknen. Ein ausgezehrtes Land, schwer vorstellbar hier zu überleben.



Tag um Tag verging, es war anstrengend. Die schlechten Strassen setzten uns am meisten zu, es gab kein entrinnen. Vor Aleg und in Magda Lajhar war sie komplett aufgelöst. Dabei herrschte reger Lastwagen Verkehr. Vor allem marokkanische Sattelschlepper waren auf dieser Route unterwegs und beförderten Waren zum einzigen Grenzübergang nach Mali. Leider war diese Strecke für uns keine Option denn Mali mutierte in den letzten Jahren zu einem Terrorland mit höchstem Sicherheitsrisiko.



So zweigten wir von der Hauptstrasse ab und nahmen die Strecke Richtung Oase Tidjikja. Eine Enttäuschung, denn Mauretaniens Oasen sind keine landschaftlichen Highlights. Die allgegenwärtige Wasserknappheit liess viele Palmengärten vertrocknen. Wir durchquerten Tidjikja zur Mittagszeit und es war ausgestorben, nicht einmal Brot konnten wir kaufen. 



Das Thermometer zeigte 40 Grad aber wir genossen unsere tägliche kühle Mittagsrast im Aufbau. Die Stauraumklima arbeitete hervorragend. Unser kleines Solar Kraftwerk am Dach lieferte exakt den Strom den die Klimaanlage benötigte.  



Langsam wurde es hügeliger und wir erreichten die Berglandschaft des Tagant Massivs. Schwieriger gestaltete sich damit die Suche nach Übernachtungsplätzen und es musste schon mal eine halbwegs steinfreie Fläche neben der Strasse herhalten. 



Nach vielen Tagen erreichten wir bei der Oase Ain Zefra wieder sandiges Terrain. Immer öfter versperrten kleine Dünen die Strasse. Zuerst trafen wir noch auf Bagger die diese Verwehungen wieder zur Seite schaufelten doch je weiter wir fuhren umso einsamer wurde die Strecke. Es war bereits später Nachmittag als plötzlich die Strasse endgültig im Sand verschwand. Durch ein langes tiefsandiges Becken verliefen die Umfahrungsspuren und wir waren nicht sicher ob der Iveco das so einfach schaffen würde. So schlugen wir erst einmal unser Nachtlager direkt am Asphalt auf und Alfred erkundete noch am Abend die weitere Streckenführung mit dem Fahrrad.



Ausgeruht und mit reduziertem Reifenluftdruck passierten wir die Stelle am nächsten Morgen ohne grosse Schwierigkeiten und waren überglücklich dass es weiter ging. Das Ziel war Atar im Adrargebirge. Wir freuten uns schon auf den dortigen Campingplatz mit Wasserversorgung und ein paar Ruhetagen. Der Plan war am übernächsten Tag anzukommen. Noch waren wir frohen Mutes. Nachdem wir noch mehrere Sandverwehungen erfolgreich umfahren hatten tauchte eine Strassenabsperrung mit Steinen vor uns auf.



Nicht gut, dachten wir. Es war das absolute Nichts mit einigen verstreuten Häusern. Schon eilte ein Bewohner heran und deutete auf eine Umfahrungspiste. Ein dünnes Spurenband zwischen Grasbüscheln, viel zu eng für unseren Iveco. Nach schwieriger Verständigung, hier konnte niemand Französisch, viele Mauretanier sind Analphabeten und sprechen nur Hassania, ein arabischer Dialekt, setzte sich der Maure auf den Beifahrersitz und fuhr mit uns bis ans Ende der Strecke. 



Wasser, überall Wasser, alles war überflutet. Die Strasse war komplett verschlammt und unpassierbar.

Es war der Nullpunkt der Tour. Nur 160 KM trennten uns von Atar aber 1000 Kilometer waren es zurück nach Nouakchott und doch gab es für uns nur diesen einen Weg zurück. Alles was wir mühsam hinter uns gelassen hatten noch einmal zu durchqueren, eine Katastrophe.



Aber es half nichts. So endete unsere Mauretanien Rundreise als Einbahnfahrt. Zumindest erlebten wir auf dem Rückweg noch einige tolle Abende in der Weite der Wüste und genossen die Einsamkeit und Ruhe am Lagerfeuer.