Souks und Tajines – marokkanischer Lifestyle


 Zwanzig Jahre sind seit unserem ersten Marokko Besuch vergangen. Mit einem Mercedes G Geländewagen zog es uns in die Weite der Wüste, später folgten noch zwei Touren mit unseren KTM Adventure Motorrädern.

In Erinnerung blieben uns wilde Wüstenabenteuer und pures Offroad-Erlebnis doch Kultur und Leute waren uns damals nicht so wichtig.



Diesmal ist es anders. Gleich am zweiten Tag unseres Aufenthalts stoppten wir in Tetouan, parkten den Iveco für eine Übernachtung beim Busbahnhof und liessen uns nachmittags mit dem Taxi ins Zentrum chauffieren.

Marokkanische Ortschaften oder Städte sind meist gleich aufgebaut. In der Stadtmitte befindet sich die Altstadt, auf Arabisch Medina genannt, manchmal noch umgeben von alten Stadtmauern aber jedenfalls mit einem Souk, dem Einkaufsviertel.



Wir waren überrascht wie traditionell sich Marokko auch noch in heutigen Zeiten präsentiert. Alles war lebendig, die engen Gassen mit quirligen Treiben gefüllt, überall kleine Geschäfte und Verkaufsstände und natürlich die vielen Cafes wo fast ausschliesslich Männer aufgereiht wie in einer Auslage sitzen und ihren Minztee schlürfen. Unseren Hunger stillten wir stilgerecht mit der Spezialität Marokkos dem Tajine. Ein Eintopf mit Gemüse und Fleisch serviert im typischen Tontopf.



Begeistert von den ersten Eindrücken machten wir uns auf dem Weg nach Meknes, eine der vier Königsstädte Marokkos. Der amtierende König Mohammed VI und seine Vorfahren haben seit 1912 Rabat als Königssitz und damit Hauptstadt auserwählt. Königspaläste von früheren Herrscher Dynastien befinden sich aber auch in Fes, Casablanca und eben Meknes.



Auf der Anfahrt machten wir erstmals Bekanntschaft mit den Strassenverhältnissen Marokkos. Ausserhalb von touristisch entwickelten Gebieten sind diese nämlich ziemlich schlecht. Als Bundesstrasse in der Karte gekennzeichnet entpuppte sich die Strecke als Berg- und Talfahrt mit schmalen welligen Spurstreifen und sich auflösenden Asphalträndern. Wie wir später merkten gibt es in Marokko nur zwei Arten von Strassen, entweder völlig neu und breit oder alt und marode.



In Meknes angekommen wurden wir für diese Tortur mehr als entschädigt. Unser Parkplatz am Eingang zur Medina direkt neben der Palastmauer bot uns die Möglichkeit nachmittags und abends die Innenstadt mit all ihren Facetten ausgiebig zu erkunden. Meknes ist sehr authentisch, nur wenige Touristen besuchen die Stadt weil sie so nahe an der berühmteren Königsstadt Fes liegt. Wir genossen es unbehelligt durch den Souk zu schlendern, kauften frisches Obst und Gemüse und extra süsses arabisches Gebäck.



Ein Bummel durch die Medina ist ein Erlebnis für alle Sinne. Die Buntheit der verschiedenartigsten Läden, das Durcheinander arabischer Gewänder, die Stimmen der Händler, der Ruf des Muezzins und dazu die Düfte des Orients.

Diese wechseln durchaus von einladend bis abenteuerlich. Auf betörende Gerüche der Gewürzstände folgten strenge Duftwolken beim Durchwandern der Fleisch- und Fischstände. Nichts für schwache Gemüter.



Abends wurde es dann eng in den Gassen. Jeder schien auf den Strassen unterwegs zu sein. Besonders die Frauen verfielen ins Shoppingfieber und die Kinder erschienen uns  quietschfidel. Ein besonderes Gedränge beobachteten wir vor Geschäften welche frisches Geflügelfleisch anboten. Die Hühner in den kleinen Verschlägen ahnten nichts von ihrem Schicksal.



Ein Tag Meknes reichte uns und wir zogen weiter. Weil wir nicht schon wieder auf diesen schlechten Strassen fahren wollten nahmen wir die Autobahn und fuhren die Küste entlang bevor wir ins Landesinnere schwenkten. 



Nach einer Übernachtung im noblen Küstenort Mohammedia ging es noch eine Weile auf guter Autobahn weiter bevor wir in das Atlasgebirge eintauchten. Berge bis fast 3000 Meter warteten auf uns. Das Gebiet ist ländlich geprägt vom Olivenanbau. Wir nahmen die Route über Imilchil und erreichten nach einsamer Bergfahrt die Todra Schlucht und damit die absolute Touristenzone Marokkos.



Vorbei an pittoresken Dattelpalmenoasen ging es auf der Strasse der Kasbahs nach Quarzazate. Erstmals fanden wir etwas abseits der Strasse einen einsamen Wüsten Übernachtungsplatz. Eine Wohltat mal ohne Muezzin Rufe und nervendem Hundegebell die Nacht zu verbringen.

Natürlich durchstreiften wir auch in Quarzazate die Altstadt. In den engen Gassen des früheren Judenviertels fanden wir sogar noch Frauen die ihre Wäsche am alten öffentlichen Brunnen wuschen.



Obwohl Marokko in den letzten Jahrzehnten viel an Infrastruktur verbessert hat und auch deutlich mehr Menschen Autos besitzen gehören Eselskarren, Pferdefuhrwerke und Menschen die Wasser in Kanistern vom Ortsbrunnen nach Hause schleppen zum alltäglichen Strassenbild. Der Mercedes der am armen Schafhirten vorbeirauscht ist nur ein Beispiel für die grossen gesellschaftlichen Unterschiede.



Für uns ging es weiter mit einer kleinen Sightseeingtour zum Ksar von Aint ben Haiddou. Diese im 11. Jhdt. erstmalig erwähnte gut erhaltene Befestigungsanlage erhebt sich eindrucksvoll am Rande eines Flusstales entlang der ursprünglichen Handelsroute von der Sahara nach Marrakesch.



Ein Touristenhotspot und entsprechend überfüllt mit Souvenirläden. Wir verbrachten trotzdem eine ruhige Nacht auf dem Parkplatz direkt davor. Der Parkwächter freute sich diesmal mehr über alte Sandalen die wir ihm schenkten als über Geld. Second Hand Waren sind ein wichtiger Handelszweig in den ärmeren Bevölkerungsgruppen.



Noch einmal überquerten wir am nächsten Tag den hohen Atlas. Nach einer mühsamen Fahrt wegen der andauernden Baustellen verbrachten wir die Nacht diesmal auf einem Tankstellen Parkplatz und freuten uns auf Marrakesch.