Je näher das Ende der Ausbauarbeiten am Iveco rückte umso mehr wuchs die Sehnsucht endlich wieder zu reisen. Obwohl wir keine Buchung einer Schiffspassage oder sonst eine Terminvorgabe hatten verspürten wir eine innere Deadline. Die Motivation und Lust am Bauen war verflogen nur noch das Abfahren war uns wichtig.
Doch wohin sollte es gehen? Ursprünglich planten wir eine Verschiffung nach Nordamerika doch für diese Tour waren wir schon zu spät dran. Der Sommer ging zu Ende. Die letzten Handgriffe bis zur endgültigen Fertigstellung waren zeitintensiver als gedacht. Die Fahrräder im Stauraum fixieren, die Möbelfugen mit Silikon füllen, Haken, Halter und Lichter montieren und schliesslich alles einräumen. Die geplante Beklebung des Aufbaus fiel aus Zeitgründen aus ebenso wie eine ausgiebige Test Tour.
Im August starteten wir einfach los – Ziel Westafrika.
Nach 1500 Kilometern rächte sich jedoch unsere Eile. Es
dauerte bis Südfrankreich um festzustellen dass die Installation der
Wasserpumpe nicht so funktionierte wie geplant.
Das Problem zeigte sich erst bei halbvollen Tanks. Die elektronische Marco Pumpe funktionierte nur noch sporadisch und verweigerte schlussendlich komplett. Wir hatten es zuhause zwar probiert aber immer nur kurz und schon damals arbeitete das System nicht einwandfrei aber irgendwie ignorierten wir dieses Problem.
Kurz gesagt wir mussten umdrehen und umkonstruieren. Im
Eiltempo fuhren wir zurück nach Hause, bestellten neue Pumpen diesmal von
Johnson und bauten statt einer Pumpe zwei ein. Nun hat jeder Tank eine eigene
Pumpe die wir auch entsprechend umschalten können. Die gesamte Aktion hat eineinhalb
Wochen gedauert.
Nach dem zweiten Start wählten wir die Anfahrtsstrecke über
die Schweiz. Vorbei am Genfer See ging es wieder Richtung Gibraltar zur Fähre.
In Spanien fühlten wir uns langsam wieder im Reisemodus und gönnten uns eine
Woche Urlaub am Meer. Die neuen Wasserpumpen arbeiteten zuverlässig nur die
Lautstärke, das Rattern und Vibrieren ist noch verbesserungswürdig.
Das Fahren mit dem Iveco bereitete uns viel Freude, noch
nie waren wir auf Autobahnen so entspannt unterwegs. Er lief einfach super,
alles funktionierte bis auf die Scheibenwaschanlage. Die hatten wir natürlich auch
noch nie getestet. Wir entschieden das Problem lieber in Spanien beheben zu
lassen als auf afrikanische Werkstätten zu vertrauen. Genau richtig denn die
Pumpe war defekt, das entsprechende Ersatzteil wurde zum Glück binnen drei
Stunden angeliefert. Der Aus- und Einbau dauerte dann aber nochmals fast zwei
Stunden weil bei unserem Iveco die Anlage so verbaut ist dass die gesamte
Stossstange dafür abmontiert werden musste. Für die Werkstatt der Supergau. Die
pauschalierte Arbeitszeit für diese Art der Reparatur lag bei kaum 15 Minuten und
wurde mit nur Eur 40,-- verrechnet.
Auf der Weiterfahrt legten wir noch einen Stopp in
Granada ein und besichtigten die Alhambra, ein riesiger Komplex aus Festung,
Palästen und Gärten aus der Zeit der arabisch-maurischen Herrschaft die
zwischen dem 12. bis 14. Jhdt. die iberische Halbinsel regierten. Später durch
christliche Regenten erweitert zählt die Alhambra zu einer der bedeutendsten
Bauwerke islamischer Architektur. Eine gute Einstimmung auf Marokko. Einen
weiteren Tag verbrachten wir auf einem noblen Stellplatz einer Marina direkt an
der Grenze zu Gibraltar und nutzen die Gelegenheit das kleine englische
Gibraltar zu besuchen. Die Fahrräder erwiesen sich als perfektes
Fortbewegungsmittel für diesen kleinen Ausflug. Besonders faszinierend fanden
wir die Überquerung des Flughafens gleich hinter dem Grenzübergang. Die Strasse
führt direkt über das Flugfeld und wird bei Landung oder Start einer Maschine
kurzfristig gesperrt. Die kleine Skyline der Stadt erinnerte uns etwas an Dubai
in Miniaturform. Stylische Restaurants, teure Apartmenthäuser, Hotels und ein
Casino, hier lässt es sich mit Geld gut leben.
Am nächsten Tag nahmen wir die Fähre in Algeciras und
erreichten nach gut einer Stunde den afrikanischen Kontinent. Wir befanden uns
weiterhin auf spanischem Hoheitsgebiet den der Anlegehafen befand sich in der
Enklave Ceuta. Ein kleines felsiges Landstück, dicht bebaut und umgeben von hohen
Zäunen die afrikanische Flüchtlinge hindern sollen illegal in die EU
einzureisen.
Nach fünf Kilometern erreicht man den Grenzposten der uns
noch länger in Erinnerung bleiben wird. Die Durchfahrt auf marokkanischer Seite
war so eng dass wir uns Millimeter genau gerade so durchmanövrieren konnten.
Für grosse Lastwägen wie unserem ist diese Grenze nicht zu empfehlen. Weil wir
sichtlich exotisch erschienen wurde unser Monster zum Abschluss auch noch von
einem Drogenhund beschnüffelt.
Endlich in Marokko fuhren wir auf grosszügig ausgebauter Küstenstrasse vorbei an eleganten Apartmentanlagen, grünen Hoteloasen und gepflegten Strandabschnitten. Sonntags war besonders viel los. Wir hatten das Gefühl dass jeder unterwegs war, der reiche Marokkaner mit seinem Mercedes ebenso wie der einfache Bauer am Eselskarren. Auf einem der anfangs völlig überfüllten Strandparkplätze ergatterten wir einen Stellplatz den wir auch gleich als Übernachtungsplatz wählten.
Obwohl es fast unerträglich schwül und heiss war
verzichteten wir auf den Badespass im Meer. Alfred zeigte sich mit mir
solidarisch denn ein Bikini am Strand wäre inmitten der rein muslimen
Strandbesucher irgendwie unpassend gewesen. Bei Einbruch der Dunkelheit leerte
sich der Strand, dafür klopfte die Polizei an unsere Tür und leitete uns ein
paar hundert Meter weiter zu einem beleuchteten Parkplatz mit Restaurants und
Flutlichtanlage.
Bis frühmorgens der Müllwagen uns weckte verbrachten wir
eine ruhige sichere Nacht.