Der Hürdenlauf zur Grenzquerung Peru – Ecuador



Nach eineinhalb Jahren Standzeit ist der Unimog wieder auf der Strasse und unsere Reise geht weiter. Leicht war es nicht, komplett vorschriftsmässig auch nicht. Wir trauten uns einfach. 

 Aber jetzt von Anfang an. 

 Nach zwei Wochen im Land und intensiven Versuchen eine Zollfreigabe für den Unimog zu erhalten mussten wir frustriert feststellen dass es aussichtslos war. Die Landgrenzen blieben geschlossen, der Covid Ausnahmezustand in Peru wurde bis 1.3.2022 verlängert, die SUNAT (der Zoll) erteilte keine Fahrerlaubnis. Einzige Ausnahme war eine Überstellung zum Hafen zwecks Verschiffung. Dieses Kapitel hatten wir jedoch bereits im Mai für uns abgehackt.


 Ein letzter Versuch war die direkte Kontaktaufnahme per Email mit den peruanischen Konsulaten von Ecuador und Chile. Die Chilenen winkten sofort ab doch die Ecuadorianer antworteten mit dem hoffnungsvollen Hinweis eine offizielle Anfrage über die österreichische Botschaft einzureichen. So sendeten wir ein weiteres Email an die österreichische Vertretung in Lima und erhielten sofortige Unterstützung. Etwas kompliziert war nur dass Österreich keine Botschaft in Ecuador unterhält und wir an die Vertretung in Kolumbien weitergeleitet wurden. Doch zum Glück war man auch dort hilfsbereit. 


 Wir benötigten eine Ausreisegenehmigung für Peru und eine Einreiseerlaubnis für Ecuador und das auch noch zeitlich abgestimmt und unter Angabe der Grenze. Wenige Tage später hielten wir ein offizielles Schreiben des peruanischen Aussenministeriums in Händen dass uns die Ausreise ohne fixe Datumsangabe über den Grenzübergang Tumbes erlaubte. Wir waren happy. 


 Euphorisch fuhren wir mit dem Taxi nach Lima um die vorgeschriebene Autoversicherung abzuschliessen um jederzeit bereit für einen Aufbruch zu sein. Leider ging es enttäuscht wieder zurück denn ohne die richtigen Zollpapiere der SUNAT gibt es laut Auskunft der Versicherungsgesellschaft La Positiva keinen Vertrag. Das offizielle Schreiben des Ministeriums war denen egal, ein herber Rückschlag und ein riesen Problem denn in Peru ist eine Haftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben.


 Die Zeit drängte. Die Einreisegenehmigung für Ecuador hatten wir mit Datum 30.11. beantragt und bis zur Grenze waren es über 1300 Kilometer. Bei unserer Kalkulation mussten wir unser langsames Tempo, die Gefahr einer Panne oder sonstiger unvorhergesehene Probleme einrechnen, wir mussten eine Entscheidung treffen. Zwei Tage später machen wir uns auf den Weg Richtung Grenze trotz immer noch fehlender Einreise Genehmigung für Ecuador.


 Das Gefühl wieder im Unimog zu sitzen und loszufahren war überwältigend aber auch beängstigend. Ohne Versicherung, ohne aktiviertes Zollpapier, so ganz legal waren wir ja nicht unterwegs. 
 Doch schnell waren die Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt. Das Schwanken, die kaum zu bedienende Gangschaltung, die Lautstärke – wir hatten in der langen Zeit vergessen oder verdrängt wie sich der Unimog fährt. 


Eine erste Erleichterung stellte sich ein als wir nach drei Stunden Fahrt endlich das Verkehrschaos von Lima hinter uns hatten und ohne Polizeikontrolle durchgekommen waren. Von da an ging es zügig entlang der Panamericana nach Norden zur Grenzstadt Tumbes. 
 Nicht immer einfach war die Suche nach Übernachtungsplätzen. Einmal parkten wir im Hof einer Hospedaje dann in sogenannten Cocheras, das sind bewachte LKW Standplätze in wenig einladenden Umgebungen, mal direkt neben einem Schotterwerk oder bei einer stinkenden Fischfabrik, wählerisch durften wir nicht sein aber Hauptsache es war sicher. 


 Je weiter wir nach Norden kamen umso ärmer erschien uns die Gegend und auch die Strassen wurden immer schlechter. In Chimbote, einer Stadt mit besonderer Armut und hoher Kriminalitätsrate, die im Reiseführer als auch von unserem Freund Carlos als einer der unsichersten Flecken der Strecke beschrieben wurde, passierte es dann. Wir hatten eine Panne. Bei einem kurzen Stopp an der Tankstelle entdeckten wir das Leck in der rechten vorderen Bremsleitung. Der gesamte Reifen war bereits voller Bremsflüssigkeit, Weiterfahren unmöglich und lebensgefährlich. 
 Also Taxi stoppen, zu einer Werkstatt fahren, dort einen Mechaniker organisieren und mitbringen der dann wiederum einen Ersatzteil beschaffen musste und schlussendlich vor Ort reparierte. Drei Stunden später fuhren wir weiter. 


 An diesem Abend durften wir in der Stadt Trujillo bei einer Familie parken die ein kleines Restaurant mit Fussballplatz betrieb und wurden tags darauf sogleich zum Anfeuern der Mannschaften rekrutiert. Anschliessend gab es leckere peruanische Hausmannskost mit Ente und Ziegenragout auf offenem Feuer zubereitet und eine kleine Stadtbesichtigung schafften wir auch noch. 


 Das war aber noch nicht unser letztes Erlebnis. Wir standen gerade in einem ausgedehnten Stau als plötzlich aus dem Armaturenbrett des Unimogs eine kleine Schlange heraus kroch. Panik total, sowas war uns bisher noch nicht passiert. Voller Hektik und Entsetzen gelang es uns zum Glück diese mit dem Handystab aus der Fahrertür zu werfen. 


 Zu guter Letzt, auf dem letzten Übernachtungsplatz vor der Grenze, direkt am Meer, fing gegen 6 Uhr früh plötzlich der Unimog heftig zu wackeln an. Wir spürten die Auswirkungen eines Erdbebens der Stärke 7,5 dass kaum 300 Kilometer entfernt sein Epizentrum hatte und später weltweit in den Medien verlautbart wurde. Es dauerte kaum eine Minute aber die Kraft war beängstigend. 
 Die kleinen Hürden der Grenzformalitäten konnten uns nach diesen Erlebnissen nicht mehr wirklich erschüttern. Nach drei Stunden Grenzaufenthalt waren wir in Ecuador eingereist.