Nord Chile – Atacama – Am trockensten Ort der Welt




Zum dritten Mal in Chile und es begann mit Bergfahren. Zweitausend Höhenmeter bergab, tausend Höhenmeter bergauf, dreitausend Höhenmeter bergab – so schön die Landschaft auch sein mochte, irgendwann verloren wir die Lust darauf und wollten nur noch zur Küste.


 4000 Höhenmeter tiefer unten und einige Bergzüge nach dem Paso Pircas Negras näherten wir uns langsam dem Meer. Von der idyllischen einsamen Andenlandschaft katapultierte es uns in die grösste Bergbau Region Chiles, einer der hässlichste Flecken Erde die wir je gesehen hatten.
 Jeder Berghang von einer Mine verschandelt, davor riesige Hügel mit Aushubmaterial deren Feinstaub die Luft im Tal vernebelt und mittendrin Obst und Weinbau Plantagen.

 Ein schockierender Anblick. Chilenische Weintrauben stehen seither nicht mehr auf unserem Speiseplan.
 Als weltgrösster Kupferproduzent ist Bergbau Chiles wichtigster Industriezweig. Daneben füllen noch Lithium, Eisenerz, Gold, Silber und Molybdän die Staatskassen aber der Preis den das Land dafür zahlt ist hoch.

 Seit Jahrzehnten kämpft man mit Arsenvergiftungen des Grundwassers. Durch das Auswaschen des erzhaltigen Gesteins gelangt das Gift in Wasser und Luft und findet sich in weiterer Folge auch in Lebensmitteln. Niemand der es sich leisten kann trinkt in Chile Wasser aus der Leitung sondern kauft es im Supermarkt. Zudem herrscht im Norden akuter Wassermangel.

 Mittendrin in diesem Wahnsinn befindet sich die Grossstadt Copiapo. Wir konnten ihr nur eines abgewinnen, es gab Shopping Malls mit grossen Supermärkten die unsere Vorratskästen wieder auffüllten.
Ausserdem haderten wir seit einiger Zeit mit einem fälligen Werkstattbesuch. Der Ölverlust des Unimogs an Motor und Getriebe hatte sich weiter verschlechtert.

 Unser Besuch bei der hiesigen Mercedes Werkstatt entpuppte sich als Glücksgriff. Trotz ausgebuchten Terminkalenders schob uns der Werkstattleiter dazwischen und wir durften sogar am Gelände übernachten. Innerhalb von vier Tagen wurde der halbe Motorraum aus- und wieder eingebaut und neu abgedichtet. Die Mechaniker kannten Unimogs in- und auswendig, alle Ersatzteile waren vorrätig oder wurden angefertigt. Normalerweise repariert man Unimogs der chilenischen Armee, auch 1300er Modelle wie unserer, also perfekt.

 Nach der langen Zeit in dieser verschmutzten ungesunden Gegend waren wir froh ans Meer zu kommen. Wir nahmen die Strecke durch die Dünen von Copiapo. Wir kannten sie aus dem Fernsehen von der Dakar Rallye Berichterstattung und waren schon gespannt. Sahara Niveau erreichten sie nicht aber der eine oder andere Sandberg war mächtig. Die Idylle der vom Wind geformten Sandmassen wird leider auch hier durch Starkstromleitung oder Strassen die zu weiteren Minen führen getrübt.

 Im Küstenort Bahia Inglese tauchten wir in eine ganz andere Welt ein. Es begann mit dem Klima denn meistens hing beim Meer dichter Nebel. Dieses Phänomen entsteht aufgrund einer besonders kalten Meeresströmung die fast auf die gesamte Küste Chiles und Teile Perus trifft, den sogenannten Humboltstrom.

Die Wassertemperaturen erreichen auch im Sommer kaum 20 Grad, ein erfrischendes Badevergnügen dass Alfred unbedingt ausprobieren musste. Ein nettes Campingresort mit Pool diente uns als Übernachtungsplatz, in Chile eine Rarität denn die Campinginfrastruktur ist unterentwickelt.


 Im nächsten Küstenstädtchen Caldera fand gerade ein kleines Fest am Fischerhafen statt. Wie bei uns zuhause waren überall Imbissbuden und Verkaufsstände aufgebaut nur das sich hier alles um Fisch drehte mit der besonderen Spezialität Ceviche, roher Fisch in Zitronensaft mariniert mit Zwiebel und Gemüse. Schmeckte ausgezeichnet.

 Weiter im Norden durchquerten wir den Nationalpark Pan de Azucar. Ein einsamer Küstenabschnitt mit einigen Fischersiedlungen und netten wildromantischen freien Stellplätzen am Meer. Das Wetter war wie immer nebelig und kühl, die Naturschönheiten konnten wir nur erahnen.

Erst auf der Asphaltstrasse im Landesinneren zeigte sich wieder die Sonne und wir konnten die Weiten der Atacama Wüste bestaunen. Sie erstreckt sich über 1200 Kilometer entlang der chilenischen Nordküste bis zur Grenze nach Peru und gilt als trockenste Wüste der Erde, kein Büschel, kein Grashalm, nichts ausser öden Kiesboden und schuttähnlichen Hügeln.

Mit durchschnittlich nur 0,5mm Regen pro Jahr haben manche Regionen seit Jahrzehnten überhaupt keinen Niederschlag abbekommen. Nach einigen Übernachtungen im freien Feld erreichten wir die Küstenmetropole Antofagasta Wir streiften sie auf der Umfahrungsstrasse die sich durch riesige Minengelände zog.

Über den Aushubhügeln wehten Staubfahnen und verschleierten den Himmel. Wir fanden dass Tagebau Minen eine besonders umweltfeindliche Art der Erzgewinnung darstellen. Bis Calama das sich bereits wieder im Landesinneren befindet gehört Bergbauaktivität zum normalen Landschaftsbild. Die Stadt verdankt ihren wirtschaftlichen Aufschwung ebenfalls dem Kupfer. Sie liegt direkt am Rande der grössten Kupfermine der Welt. Das tiefe Loch lässt sich ist sogar auf Satellitenbildern zu erkennen.

 Schön ist anders aber unser Ziel war ja auch die Oase San Pedro de Atacama. Auf 2500 Meter Seehöhe zeigt sich hier die Atacama Wüste von ihrer schönsten Seite. Palmen, Salzseen und Lagunen und im Hintergrund erheben sich die schneebedeckten Vulkankegel der Anden die gleichzeitig die Grenzen zu Argentinien und Boliven markieren.

San Pedro ist eine gewachsene Oasenstadt mit alten Lehmhäusern und engen verwinkelten Gassen. Wassergräben und Oasengärten zeugen von jahrhundertelanger Bewirtschaftung. Heutzutage wird sie touristisch vermarktet und ist Ausgangspunkt für zahlreiche Exkursionen in die herrliche Umgebung oder nach Bolivien. Trotz der vielen Souvenirshops, Restaurants und Touranbieter hat uns der Ort gut gefallen. 

Wir verbrachten einige erholsame Tage auf einem beliebten Campingplatz für Overlander. Neuseeländer, Engländer, Schweizer, Kolumbianer, Deutsche waren bei unserem Besuch anwesend, jeder auf seine Art ein Weltenbummler. Es war kurz vor Weihnachten und viele kamen um hier die Feiertage zu verbringen.

 Für uns war das keine Option, wir hatten einen anderen Plan und machten uns auf den Weg zu dem 3700m hohen abgelegenen Grenzübergang Ollargüe. Eine Fahrt durch wunderschönes einsames Andenhochland vorbei an Vicuna Herden und Salzseen, die perfekte Einstimmung für den Weihnachtsabend.