Anden Pässe – Vom Aconcagua zum Pircas Negras


Es begann mit einer kleinen Aufregung am Flughafen Parkplatz. Nach zehn Tagen Standzeit machte der Unimog keinen Mucks. Die Lichter der Zündung funktionierten noch aber starten war unmöglich.
Die Batterien waren wieder einmal eingebrochen. Sehr ärgerlich. Glücklicherweise sind wir autark und wussten uns zu helfen. Der kleine Honda Generator und ein Ladegerät retteten uns. Mit einer Stunde Verspätung waren wir wieder unterwegs.

Serpentinen zum Paso Redentor von Chile

Santiago de Chile liessen wir links liegen denn eine Stadtbesichtigung erschien uns aufgrund der anhaltenden Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung als wenig sinnvoll. Jeden Abend lieferten sich Demonstranten und Polizei Strassenschlachten und verwüsteten dabei einige Metro Stationen und Teile der Altstadt.
 Der ursprüngliche Auslöser, die Erhöhung der Metrogebühren, war längst nicht mehr das Thema. Mittlerweile nutzten verschiedene Bevölkerungsgruppen die Situation um ihre Unzufriedenheit mit dem System auszuleben. Studenten wegen schlechter Bildungspolitik, Indigene wegen Landansprüchen, Arme wegen Ungerechtigkeit usw.
Es war nicht das erste Mal das sich die Chilenen gegen den Staat auflehnen. Heute ist man unzufrieden mit dem rechten Präsidenten Pinera und quasi gestern stemmte man sich gegen die Links Politik der vorhergehenden Regierung.

Blick vom Tal zum Aconcagua - Chile

Da überall in den Grossstädten des Landes ein ähnliches Bild herrschte entschieden wir Chile zu verlassen und im ruhigen Argentinien Richtung Norden zu fahren, was bedeutete, vor uns lag eine weitere Andenüberquerung.

Nächstmöglicher Grenzübergang war der Paso Redentor. Von den Wein- und Obstanbaugebieten in der Region Santiago ging es innerhalb eines Tages wieder in die karge Berglandschaft der Anden. In unzähligen Serpentinen mühte sich der Unimog langsam hinauf zum Anden Hauptkamm.

Stop beim Supermarkt

Die über dreitausend Meter Höhendifferenz bescherten uns bald Atemnot und Kopfschmerzen. Dazu noch der mühsame argentinische Grenzposten. Die Schnelligkeit der Chilenen bei der Ausreise kompensierte sich durch die Wartezeit am Einreise Schalter der Argentinier. Fast eine Stunde dauerte diesmal die Ausstellung des temporären Zolldokumentes für den Unimog aber dafür durfte er acht Monate im Land bleiben.

Aconcagua

 Nach einer Nacht in einer aufgelassenen Schottergrube fühlten wir uns am nächsten Morgen halbwegs erholt, waren aber trotzdem froh dass es wieder bergab ging. Spektakulär machte diese Andenüberquerung die Möglichkeit den höchsten Berg Südamerikas zu bestaunen. Direkt an der Strasse liegt der Beginn der Anstiegsroute zum 6962 m hohen Aconcagua. Natürlich liessen wir es uns nicht nehmen eine kleine Wanderung bis zu einem Aussichtspunkt zu unternehmen.

argentinische Anden

Das Wetter meinte es gut und so erhaschten wir einen Blick auf die fast 3000 Meter hohe mit Eis und Schnee bedeckte Südflanke. Diese Route bleibt Profi Bergsteigern vorbehalten doch über die Normalroute gilt der Aconcagua als extrem einfach zu bezwingender Berg, ohne Kletterausrüstung lässt er sich quasi erwandern. Alfred bekam beim diesem Anblick sofort Lust selbst hinauf zu steigen doch seine kaputte Kniescheibe und die fehlende Fitness bremsten seine Euphorie wenig später.

durch argentinische Ortschaften

 Wahrscheinlich würde er schon auf den 35 Kilometern Wegstrecke zum Basislager scheitern. Noch dazu wäre das Erlebnis getrübt durch die 4000 anderen Gipfelstürmer jährlich. Der Massentourismus hat leider auch am Aconcagua Einzug gehalten.


 Nach diesem kurzen Ausflug in die Traumwelt ging es weiter im gemütlichen Argentinien. Durch weite Hochebenen oder wüstenhafte Puna Landschaften tingelten wir auf kleinen Strassen Richtung Norden. Es war das Argentinien das wir kannten. Lange einsame Fahrstrecken entlang von Farmzäunen unterbrochen von einigen verschlafenen Ortschaften. Dazwischen leisteten uns Guanaco Herden, die wilden Vorfahren der Lamas Gesellschaft.

Übernachtungsplatz 

 Als Übernachtungsplätze wählten wir entweder die einfachen und günstigen Gemeinde Campingplätze oder stellten uns irgendwo in die Pampa.

 In einem besonders spärlich besiedelten Gebiet fanden wir den Leoncito Nationalpark. Nur wenige Kilometer von der Hauptstrasse entfernt diente er uns als willkommene Abwechslung. Seine abgeschiedene Lage ohne Licht- und Luftverschmutzung bietet ideale Bedingungen für Sternwarten. Im Leoncito gibt es zwei davon. Gerne hätten wir einen Blick in die Weiten des Weltalls geworfen doch das Wetter spielte diesmal nicht mit. Jeden Abend vereitelten dicke Wolken dieses Erlebnis. So nutzten wir den gepflegten, gut ausgestatteten und noch dazu kostenlosen Campingplatz zum Wäschewaschen und um Servicearbeiten zu erledigen.

Blick vom Leoncito NP

 Nach zwei arbeitsreichen Tagen führte uns die Ruta 40 durch wüstenhafte Berglandschaften weiter in den Norden. Villa Union war der letzte Ort bevor wir zur nächsten Andenüberquerung aufbrachen. Wir liessen es uns einige Tage gut gehen, parkten auf dem kleinen Picknickplatz des Ortes, verbrauchten unser Internet Guthaben und nutzten mittags die einfachen günstigen Restaurants um ein letztes Milanesa Schnitzel, die Rindfleischvariante zum Wiener Schnitzel, zu verspeisen.

Sandsturm in der argentinischen Puna

 Danach ging es wieder bergauf zum Paso Pircas Negras. Diesmal achteten wir darauf uns besser zu akklimatisieren und legten auf knapp 3000 Meter den ersten Übernachtungsstopp ein. Die asphaltierte Strasse endete bald darauf und wir schlängelten uns auf einer Piste durch Schluchten und einem richtig steilen Talschluss weiter in die Berge. Eine ausgesetzte Angelegenheit. Der Unimog passte gerade so hindurch.

Mittagspause

 Endlich am Plateau angekommen zeigte der Höhenmesser 4400 Meter. Eine unglaubliche Höhe wenn man es mit europäischen Masstäben vergleicht. Der Grossglockner, höchster Berg Österreichs, ist nur 3798m, der Mont Blanc als höchster Gipfel der Alpen 4810m. In den Anden fährt man in diese Höhen noch mit Autos.

Anfahrt Paso Pircas Negras

 Übrigens sind wir froh ein altes Fahrzeug zu besitzen denn die neue Euro 5 und 6 Diesel Generation ist für diese Höhen völlig ungeeignet. Wir müssen uns nicht sorgen dass die Elektronik den Motor abregelt und das Auto fahrunfähig wird. Unser Unimog hat keine dieser hochgezüchteten Schnickschnacks und schlägt sich in diesen Höhen ganz gut. Trotz schwarzer Auspuffwolken zeigt er nur wenig Leistungsverlust und startet morgens zwar widerwillig aber zuverlässig.

Salzsee - Laguna Brava 

Nur die Dieselstandheizung werfen wir in diesen Höhen nicht mehr an sondern verwenden die Gasheizung. Sie zündet zuverlässiger und verrusst auch nicht. Der Gasherd ist da schon anfälliger. Ab 4000 Meter müssen wir regelmässig die Flamme mit dem Feuerzeug zünden den der eingebaute Piezozünder schafft es nicht mehr. Dabei fanden wir heraus dass in dieser Höhe auch nicht jedes Feuerzeug funktioniert. Das gute alte Streichholz ist die beste Wahl.


 Nachdem es immer kälter wurde und der Wind mit Sturmstärke über uns hinweg fegte kippten wir als Vorsichtsmassnahme noch einen Fliessverbesserer in den Dieseltank. Der verhindert dass der Tankinhalt einfriert. Ein nützliches Utensil dass wir vom letzten Heimaturlaub mitgebracht hatten. 

Der Grenzübertritt nach Chile war bis auf die leidige Kontrolle nach Früchten, Gemüse und Fleisch ganz ok obwohl die Chilenen, mit Plastikhandschuhen bewaffnet, fast jeden Kasten öffneten und sogar unter die Bettdecke lugten. Als perfektes Versteck entpuppte sich dabei der Badezimmer Unterschrank. Die Putzmittel durchwühlte nie jemand.


 Mit einem weinenden Auge verabschiedeten wir uns von Argentinien. Das Land war uns ans Herz gewachsen. Wir schätzten die Gemütlichkeit der Menschen, die entspannten Dörfer, die grossartigen Landschaften, die fast überall anzutreffende Campingkultur, das gute Essen und die ausgezeichneten Biersorten. Abgesehen von dem miesesten oder gar nicht vorhandenen Internet aller Zeiten bleibt Argentinien eines unserer Lieblings Reiseländer in das wir jederzeit gerne zurückkommen.