Uruguay im Vorbeifahren




Jetzt holen wir mal tief Luft, südamerikanische Luft. Wir brauchen dringend Entschleunigung und Zeit nach unserem Unimog auch unseren Geist nach Südamerika zu holen. Wir fühlen uns ein wenig wie am Anfang unserer Reise. Alles ist neu, wir haben keine Erfahrungen, ein neuer Kontinent, eine neue Sprache, neue Gebräuche, wie vertraut war uns doch Afrika.

Doch nun sind wir hier, in Uruguay. Das kleine Land zwischen Argentinien und Brasilien, überschaubar und gemütlich, doppelt so gross wie Österreich aber mit nur 3,5 Mio Einwohnern.

Oldtimer gehören zum Strassenbild

Die ersten Tage verbrachten wir am Campingplatz in Nuevo Helvecia. Ein kleiner Ort der Mitte des 19.Jhdts von Schweizer Einwanderern gegründet wurde. Uruguay war und ist auch heute noch ein beliebtes Auswander Land. Im 16. Jhdt. kamen als erstes die Spanier, später Franzosen, Deutsche und heute siedeln sich auch Menschen aus anderen lateinamerikanischen Ländern an. Die indigene Urbevölkerung wurde unglaublicherweise schon am Beginn von den Spaniern gänzlich ausgelöscht. 

Camping Suiza - Nueva Helvecia
Wir profitierten von dem bis heute spürbaren Schweizer Einfluss des Städtchens. Alles ist blitzsauber und im Supermarkt wird Butter und Käse nach Almtradition verkauft. Auch die Fleischtheke ist gut sortiert und appetitlich, keine Selbstverständlichkeit wie wir später noch herausfinden werden. Das Preisniveau jedoch ist hoch und fast auf europäischen Niveau. Richtig billig sind nur Fleisch und Wurstwaren.
Kein Wunder bei 12 Millionen Rindern im Land. Die Viehzucht ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Rindfleisch aus Uruguay wird weltweit vermarktet und nach höchsten Qualitätsstandards produziert. 
Relikte von Schweizer Einwanderern

Unser erstes uruguayisches Steak war leider kein Gaumenschmaus. Am ersten und einzigen Abend den wir in der Hauptstadt Montevideo verbrachten bummelten wir durch die Altstadt zum Mercado del Puerto. Eine alte Markthalle die drinnen wie draussen als Restaurantmeile fungiert. Dort lernten wir erstmals die Spezialität, den Asado kennen. Es ist eine Grillerei über offenem Feuer wo Fleisch, Würste und Innereien die Hauptrolle spielen. Die servierte Fleischplatte nennt man Parilla, ein Mix aus allem.
Fussgängerzone in Montevideo

Wir zahlten unser erstes Lehrgeld denn die Preise waren horrend. Erst später wurde uns klar dass dieser Ort ein Touristenmagnet ist und so speisten wir am nächsten Tag vorzüglich um wenige Euros in einem kleinen Minirestaurant der Einheimischen.
Asado

Ansonsten war Montevideo kein besonderes Erlebnis. Man schlendert durch enge Gassen mit Einbahnverkehr. Sehenswert sind die kolonialen Gebäude mit ihren aufwendig verzierten Fassaden, leider befinden sich die meisten in marodem Zustand. Auf uns wirkte alles etwas schmuddelig. Auf den Gehsteigen lag überall Hundekot, in Nischen hatten Obdachlose ihre Lager eingerichtet, von nächtlichen Spaziergängen ist eindeutig abzuraten.
Pampa

Draussen am Land ist es anders. Immer wieder grüssen uns Leute oder signalisieren mit erhobenem Daumen dass sie uns oder den Unimog toll finden. Man fährt durch die Pampa, die typisch südamerikanische grüne flache Grassteppe die sich durch Uruguay und Teile Argentiniens und Brasiliens erstreckt.
Plausch an der Tankstelle

Autofahren in Uruguay ist generell angenehm, es gibt nur wenig Verkehr und man findet überall einen Platz um eine Pause einzulegen. Nur der Strassenzustand ist katastrophal. Schon in Montevideo krachten wir regelmässig in Löcher oder schaukeln uns auf der welligen Fahrbahn total auf. 
Montevideo

Vergeblich hielten wir Ausschau nach Shoppingcentern, in Uruguay muss man sich an die Struktur des Kleingewerbes gewöhnen. Wir mussten erst ein Auge entwickeln um etwas zu finden. Zwar gibt es überall Mini Mercados, so werden kleine Greisslereien genannt, Bäckereien, Fleischhauer oder Läden für alles was man sonst noch braucht nur erkennt man sie nicht so einfach.
überall kleine Gemüse und Obst Läden

Was uns von Anfang an symphatisch war in diesem Land ist die Tatsache dass wir uns nicht permanent beobachtet fühlten oder hinter jeder Ecke eine Gefahr lauert wie wir es aus Südafrika kannten. Man muss nicht an Dinge wie Carjacking oder Überfall am Strassenrand denken wenn man sich hier bewegt. Nicht dass wir nicht vorsichtig wären aber es fühlt sich entspannter an. Politisch zählt Uruguay nämlich zu den stabilsten Ländern Südamerikas.
voll fahrbereit

Es hat feste demokratische Strukturen und sogar ein funktionierendes Sozialsystem. Korruption ist gering und um Steuereinnahmen zu gewährleisten werden elektronische Zahlungen begünstigt. In grösseren Geschäften, Restaurants oder besonders Tankstellen spart man sich die 22 %ige Mehrwertsteuer sobald man mit Kreditkarte bezahlt. Auch das mussten wir erst herausfinden.
Brücke über Rio Uruguay - Grenze zu Argentinien

In noch einer Hinsicht ist Uruguay besonders. Es ist das erste Land weltweit das den Anbau und Handel von Marihuana komplett legalisiert hat, wobei das haben wir natürlich nicht ausprobiert. 

Obwohl wir insgesamt nur kurz durch Uruguay reisten bleibt es uns als gemütliches, freundliches und sehr offenes Land in Erinnerung. Das perfekte Einstiegsland für Südamerika Neulinge.