Lüderitz, Fish River Canyon und eine Bergeaktion



1883 kaufte ein deutscher Kaufmann namens Lüderitz den Eingeborenen ein Stück Land an der Atlantik Küste ab. Der Häuptling des Nama Volkes dachte durch den Erhalt einiger Goldstücke und Gewehre ein gutes Geschäft abgeschlossen zu haben zumal der besagte Landstrich als völlig unfruchtbar und damit wertlos für seinen Stamm galt.

Lüderitz Bucht


Was er leider erst nach Vertragsunterzeichnung erfuhr war die Tatsache dass die Deutschen den Begriff Meilen anders auslegten als es die Engländer zur damaligen Zeit taten und somit die Deutschen ein vielfach grösseres Gebiet beanspruchten als von den Einheimischen beabsichtigt.

Dieses verhängnisvolle Geschäft war der Beginn deutscher Besiedelung in Süd West Afrika, dem heutigen Namibia. 


Campsite in Lüderitz


Vom Glanz und Reichtum der einst so wichtigen Handelsstadt Lüderitz ist heute nicht mehr viel zu merken. Die Diamanentenfunde vergangener Tage sind ausgebeutet , das Städtchen lebt von kargen Fischfang und dem Tourismus. Was wir sehen enttäuscht uns. Vielleicht liegt es auch daran dass gerade Samstag ist und die mittlerweile vermehrt schwarze Bevölkerung die kleinen Supermärkte stürmt um ihren Wochenlohn gleich wieder auszugeben.

Landschaftlich eindrucksvoll ist für uns die Felszunge mit dem Leuchtturm die die Lüderitz Bucht in zwei Hälften teilt. Darauf wurde von der Gemeinde ein idyllischer Campingplatz errichtet der zwar ziemlich windanfällig ist aber herrliche Ausblicke auf das Meer und die Stadt bietet.


Bahnhofs Hotel in Aus


Nach einigen Tagen brechen wir zur letzten Sehenswürdigkeit Namibias auf dem Fish River Canyon. Zuerst geht es auf der perfekten Asphaltstrasse wieder zurück ins Landesinnere. Wer nach Lüderitz fährt befindet sich nämlich in einer Einbahn und muss denselben Weg wieder zurückfahren, ein Grund wieso der Ort so an Bedeutung verloren hat. Bevor es wieder auf Pisten geht müssen wir noch unseren Dieseltank  auffüllen und steuern die Tankstelle im Ort Aus an. Eine kleine Siedlung direkt an der Bahnstrecke die als Camp für Kriegsgefangene im ersten Weltkrieg entstand. Aus dieser Zeit stammt auch noch das kleine Bahnhofshotel, deutsche Wirtshauskultur mitten in Afrika, wir können nicht widerstehen. 


typische Farm in Süd Namibia


Zwischen Fish River Canyon und uns liegen immer noch einige hundert Kilometer und so übernachten wir noch einmal vor den Toren des Seeheim Hotels. Ein Farmer hat sich hier einen Traum verwirklicht und ein Burg ähnliches Gebäude errichtet. Leider ist es vor kurzem beinahe vollständig abgebrannt und derzeit eine einzige Baustelle. Die Pächterin erzählt uns dass das Feuer von einer rachesüchtigen früheren Angestellten gelegt wurde. Kein Einzelfall wie uns scheint denn schon mehrmals haben wir von Racheakten frustrierter schwarzer Arbeiter gehört, manche davon endeten sogar tödlich.



Am nächsten Tag mühen wir uns wieder einmal eine steinige ausgefahrene Piste entlang als wir plötzlich vor uns eine Menschenmenge sehen die sich um einen LKW scharrt.

Wie sich herausstellt ist es ein Overland Truck eines kenianischen Tourveranstalters mit der gesamten Reisegruppe. 


Unimog rettet 18 Tonner


Als Pauschalreisender Afrika in einem Expeditions Lkw zu erfahren ist sehr populär. Sozusagen ein Campingurlaub für die kleine Geldbörse aber mit Abenteuercharakter.



Bereits seit Stunden versucht sich die Mannschaft zu befreien, bisher erfolglos. Nur wenige Autos passieren diese Strecke und dann gleich ein LKW wie unserer, man sieht die Hoffnung in den Gesichtern.



Die Gruppe ist auf einer Tour von Kapstadt nach Nairobi. Der als Bus ausgebaute überlange LKW ist bei der Durchfahrt eines ausgetrockneten Flusstales mit dem Heck hängengeblieben. Fehlender Allradantrieb und mangelnde Bodenfreiheit haben jeden Grabungsversuch scheitern lassen. 




Als wir das Gewicht sehen wird uns schummrig – 18 Tonnen und wir sind nicht mal halb so schwer.

Realistisch gesehen gibt es nur eine Möglichkeit, vielleicht lässt er sich zurückziehen damit das Heck so schnell als möglich wieder nach oben kommt. Dafür müssen wir aber zuerst auf die andere Seite des Flussbettes. Leichter gesagt als getan denn wir müssen uns einen Weg querfeldein suchen.

Dabei muss der Unimog all seine Fähigkeiten ausspielen.

Es folgt ein wilder Ritt über grosse Felsbrocken und eine steile Abbruchkante. Normalerweise für den Unimog kein Problem aber seit wir das Reserverade vorne montiert haben ist unser Böschungswinkel nur noch mässig.



Doch es klappt und man wartet schon mit einem dünnen Stahlseil zum Abschleppen. Auf Kommando beginnt der Unimog im 1. Gang das Seil zu spannen, es reisst noch bevor Kraft einwirkt, zurück zum Start.




Wir kramen unser eigenes Abschleppseil hervor und montieren alles von Neuen. Der Unimog zieht, der Fahrer des Lkws versucht mit dem eingelegten Retourgang zu unterstützen und siehe da – Milimeter für Milimeter bewegt sich der 18 Tonnen Lkw aus der Grube und kommt frei. Jubel, alle sind erleichtert, wir besonders.



An diesem Tag verbringen wir die Nacht auf der Campsite des Canyon Roadhouses.  Ein einzigartiger Ort mit jeder Menge Oldtimern und liebevoll zusammengetragenen Antiquitäten mit 50iger Jahre Flair, absolut sehenswert.


zwischen Fish River und Oranje


Am Morgen darauf noch bevor die Touristenhorden eintreffen erreichen wir die Abbruchkante des Fish River Canyons. Die Sonne steht noch zu tief um den Canyon voll auszuleuchten aber dafür entschädigt das sanfte Licht. Vor uns liegt eine imposante mäandernde Schlucht die durch tektonische Verschiebungen der Kontinentalplatten und der Kraft des Wassers entstand.



Manche bezeichnen den Fisch River Canyon als zweitgrössten Canyon der Welt nach dem Grand Canyon in den USA aber das bezieht sich nur auf seine Ausdehnung  nicht auf die Tiefe. 


Landschaft beim Fish River Canyon
Solche Orte erinnern an die Mächtigkeit der Natur und lassen uns Menschen ganz klein erscheinen.



Staunend verlassen wir das Nationalpark Gelände und begeben uns zurück zur Piste. Von hier aus geht es durch einsame bergige Wüstenlandschaft Richtung südafrikanische Grenze. Rechts und links säumen Zäune den Weg und ab und zu biegt eine Piste zu den Farmen ab. Für Nutzviehhaltung ist die Gegend längst zu trocken, viele Farmer haben auf Wildtierzucht oder Tourismus umgesattelt.


Wildcamping Süd Namibia
Einsam geht es dahin. Erst kurz vor dem Oranje River, dem Grenzfluss zu Südafrika ändert sich die Landschaft, es wird grün. Das Flusstal ist eine Lebensader und ermöglicht wieder Landwirtschaft. Hier wird Wein- und Obstbau betrieben. Kilometerweit wird Flusswasser zu den Feldern gepumpt und die Wüste in fruchtbares Land verwandelt. 


An der T-Kreuzung überlegen wir kurz ob wir rechts Richtung Meer oder links zur Asphaltstrasse weiterfahren sollen. Doch ein Schild mit der Aufschrift „Fahrverbot über 5,5 T“ versperrt uns die Möglichkeit noch weiter dem Oranje Fluss bis zum Meer zu folgen und wir schwenken nach links zur Hauptgrenze.

Vorher passieren wir noch den Ort Aussenkehr. 

Weingärten beim Oranje River

Noble Einfahrten zu Weingütern und riesige Flächen mit jungen Weingärten begegnen uns im Vorfeld. Kurze Zeit später wissen wir dann auch wer das alles bearbeitet. Vor uns erstreckt sich eine riesige Blechhüttensiedlung, ein Slumgebiet, die Wohnsiedlung der Arbeiter. Viele Jobs sind saisonal und so hausen die Menschen in kleinsten Baracken, ab und zu ein Brunnen zur Wasserversorgung, kein Strom kein Kanal, keine Müllabfuhr. Ein schreckliches Bild aber wen kümmert es, Hauptsache die weissen Farmer haben genügend billige Arbeitskräfte.


Slum in Aussenkehr