Heute nennt man uns Buschmänner oder San. Unsere Kultur
ist die eines Jäger und Sammlers. Wir sind kleine zierliche Menschen mit feinen
Gesichtszügen und hellbrauner Hautfarbe. Organisiert in kleinen Familiengruppen
ziehen wir nomadisierend durchs Land. In der Nähe von Wasserstellen errichten
wir kleine Lager und bleiben solange wie die Natur und ihre Ressourcen es
zulassen. Sie liefert uns alles was wir zum Überleben brauchen - Nahrung,
Kleidung, Werkzeuge und Baumaterialien. Wir sind stets bedacht das
Gleichgewicht nicht zu stören. Unser seit Generationen überliefertes Wissen der
Pflanzen und Tierwelt hilft uns beim Überleben.
hier wohne ich |
Traditionell jagen wir mit vergifteten Pfeilspitzen und
wir Männer sind oft tage- oder wochenlang dem Wild auf der Spur. Unsere Frauen
sind in unserer Gesellschaft völlig gleichberechtigt. Sie pflegen derweil die
Lagerstätte, kümmern sich um die Kinder und besorgen Nahrung durch Sammeln von
Früchten, Wurzeln und kleinen Tieren. Damit beschaffen sie 80 % unserer Nahrung,
der Rest entfällt auf die Beute der Jäger.
Unsere Kultur ist friedfertig, wir sind gewöhnt zu teilen
und kennen keine materiellen Besitztümer. Es genügt uns ein Feuerbohrer, Pfeil
und Bogen und heutzutage ein kleines Messer.
Als Buschmänner sprechen wir verschiedene Dialekte der
Klicksprache. Wissenschaftler meinen es sei die komplexeste Sprache weltweit.
Sie umfasst das gesamte Lautspektrum der menschlichen Stimme und ist für Fremde
lustig anzuhören.
Feuer machen mit dem Feuerbohrer |
Man hat viele Filme über uns gedreht aber leider
vermitteln sie ein verklärtes idealistisches Bild unserer Kultur. Touristen die
uns besuchen sind daher oft enttäuscht über unsere Lebensrealität.
Vieles hat sich in den letzten Jahrhunderten verändert. Wir
leiden besonders unter dem Bevölkerungsdruck der von eingewanderten
Viehzüchtern des Bantu Stammes und den weissen Siedlern ausgeht.
er wollte unbedingt fotografiert werden |
Sie schränkten unseren Lebensraum so sehr ein dass die
meisten von uns nur noch in der trockenen Halbwüste der Kalahari in Botswana
und Namibia überleben.
Man zwingt uns sesshaft zu werden aber diese Kultur ist
uns fremd und viele fühlen sich entwurzelt und perspektivlos. Es wurde uns
verboten auf Jagd zu gehen und freies Land wird immer weniger. Zwischenzeitlich
sind wir auf eine Essensversorgung des Staates angewiesen. In abgelegenen
Siedlungen haben wir keinen Zugang zu Schulen oder Krankenversorgung, der
stetige Kampf um Nahrung lässt viele von uns hungern und macht krank.
so wohnen die Töchter von Johannes |
Nur wenige private Hilfsprojekte oder Missionsstationen
unterstützen uns auf dem Weg in eine neue bessere Zukunft für unsere Kinder. Sie
brauchen Englisch Unterricht und eine Schulausbildung damit sie sich in dieser
veränderten Welt behaupten können. Das Volk der San oder Buschmänner braucht
eine Stimme in den Regierungen, Lobbyisten die ihnen Landansprüche sichern und Touristen
die uns durch ihren Besuch und dem Interesse das Gefühl geben nicht vergessen
zu sein und uns eine Einnahmequelle sichern.
Christian und Johannes im Alltag - im Winter wird gefroren |
Wir trafen Johannes und seine Dorfgemeinschaft im Omatoku
Valley Restcamp (siehe Tracks4Africa aber Achtung – nur für absolute
Selbstversorger, Camp verfallen)
Der Ort liegt direkt an der Hauptpiste von Tsumkwe zur
Asphaltstrasse nach Grootfontein bei der Pistenkreuzung zur D3306. Die nahegelegene
Missionsstation versorgt die Menschen nicht nur mit einer Schule und
Medikamenten (und Taufen wie die Namen der Gemeindemitglieder zeigen) sondern
errichtete vor zwei Jahren auch eine kleine Community Campsite als
Einnahmequelle.
niemand zuhause - der Jäger ist auf Nahrungssuche |
Leider blieb der Touristenstrom aus. Wie so oft in Afrika
ein gut gemeintes Entwicklungshilfe Projekt das nachhaltig nicht funktioniert.
Fast hätte auch uns der verwüstete Anblick abgeschreckt
aber Christian, der Neffe von Johannes empfing uns so herzlich – wir haben es
nicht bereut.
Er ist der einzige der Englisch spricht und organisiert
Busch- oder Ortsführungen.
Die Missionare haben für diese Zwecke ein Merkblatt
aufgelegt mit Aktivitäten und den jeweiligen Preisen. Wir akzeptierten ohne zu
verhandeln denn Buschmänner haben kein Verhältnis zu Geld, wir gönnen ihnen die
Einkünfte aus unserem Besuch und sehen es als kleine Entwicklungshilfe und
Anerkennung ihres engagierten Einsatzes.
Kinder haben immer Spass |
Wir verbringen einen tief berührenden Nachmittag und
erhalten unvergessliche Einblicke in die aussterbende Kultur des Jäger und
Sammlers. Wir lernen sie als ausgesprochen freundliche aber sehr zurückhaltende
Menschen kennen. Ihre unaufdringliche Art wird bereits den Kindern
weitergegeben denn als wir zum Unimog zurückkehren werden wir aus angemessenen
Abstand von ihnen beobachtet.
Als kleines Dankeschön haben wir einige Trockenfrüchte,
Kekse und frisches Obst aus unseren Vorratsschränken geholt.
Was wir danach erlebten lehrte uns wie authentisch
Buschmänner ihre Kultur leben aber steigerte gleichzeitig unsere Betroffenheit
über die Armut und Verwahrlosung dieses einmaligen Volkes.
Essensausgabe - gemeinschaftliches Teilen gehört zur Wertewelt |
Die Ältesten nahmen unser Essen entgegen und begannen
sofort es auf alle Anwesenden gerecht aufzuteilen. Die Kinder bildeten eine
Schlange und jeder hielt die Hand auf und wartete ohne Drängelei auf seinen
kleinen Anteil.
Es war beschämend zu sehen wie hungrig alle waren und die
Erinnerung daran verstärkt unseren Appell an alle Reisenden in Namibia – besucht
nicht nur das Himba Volk im Kaokoveld sondern verbringt auch einen Tag bei den
Buschmännern.
Ihr Erscheinungsbild mag im ersten Moment auf manche
abschreckend wirken, sie tragen verschlissene Kleidung und leiden oft unter gesundheitlichen
Problemen aber dafür erhält man ein nicht kommerzialisiertes ehrliches Erlebnis
mit einem der letzten Jäger und Sammler Völker der Erde.
alles aus Naturmaterialien - Souvenirstand |
Tipps für einen Besuch bei den Buschmännern
Der kleine Ort Tsumkwe im Osten Namibias, nicht weit von
der Botswana Grenze entfernt ist ein idealer Ausgangspunkt um sich die Kultur
der San näherzubringen. Man kann von dort Ausflüge zu San Dörfern organisieren
oder erhält Infos über Campinggelegenheiten am Rande von Siedlungen. Auf der
Piste Grootfontein – Tsumkwe gibt es einige sogenannte Culteral Villages wo für
Touristen Aktivitäten und Handwerkskunst angeboten werden. Der Ausflug dorthin
lässt sich gut mit der Durchquerung des Khaudum Nationalparks verbinden oder
man reist über die Grenze nach Botswana bzw. kommt von dort.
Wichtig ist die richtige Erwartungshaltung – keine
folkloristischen Vorstellungen, der Buschmann von heute lebt in ärmlichsten
Verhältnissen, er trägt im Alltag westliche Kleidung, meist schmutzig und
verschlissen, meist spricht nur ein Stammesmitglied Englisch und viele San sind
mangelernährt und in gesundheitlich schlechter Verfassung.
Ihre traditionelle Kleidung
legen sie nur für Touristen an.
Trotz dieser teilweise katastrophalen Lebensrealität
sollte man nicht in einen Spenden oder Geschenkewahn verfallen. Anständige
Bezahlung für erbrachte Leistungen, der Kauf von Handwerkskunst und etwas Essen
im Anschluss an die Aktivität helfen dem Buschmann sich langfristig ein
touristisches Standbein aufzubauen – unüberlegtes Helfen endet meistens im
Händeaufhalten ohne nachhaltige Möglichkeit auf eine Verbesserung des
Lebensstandards.