Mocambique III – Endstation Buschwald – der Katastrophe nahe



Alles beginnt so vielversprechend. Vom kleinen Ort Mapinhane auf der EN1 gelegen biegen wir in unsere geplante Durchquerungsroute Richtung Zimbabwe ab. 440 Kilometer auf teils abgelegener Piste liegen vor uns. Unser Visum läuft in fünf Tagen aus aber auch bei schlechtesten Pistenverhältnissen sollten wir die Strecke bis dahin locker bewältigen. 



 
Die erste Etappe bis zum Städtchen Mabote läuft wie geschmiert. Mit 20 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit kommen wir besser voran als erwartet. Noch ein letzter Tank Stop im Ort, vorbei an Karawanen von Schulkindern, die Zivilisation endet hier.




Piste nach Mabote - so fing alles an
Die Piste verwandelt sich von steinigen Untergrund in eine neu planierte Sandstrecke und wir kommen super voran. Wir passieren immer wieder kleine Ortschaften und sind froh als Übernachtungsplatz eine neu ausgehobene Baugrube zu finden die uns etwas Sichtschutz bietet. 

Holzkohle - oft die einzige Einnahmequelle der Dorfbewohner

Euphorisch geht es am nächsten Tag weiter. Die Piste ist gut und über einen Fluss führt eine grosse neu errichtete Brücke. Herrliche Urwaldlandschaften säumen unseren Weg, fast fühlen wir uns wie in Zentralafrika nur dass die Bäume nicht so hoch und mächtig sind.

Der Unimog läuft auch gut, wir sind happy die Strecke gewählt zu haben. Unser Tagesziel ist das kleine Dorf Machaila wo wir auf einer Community Campsite übernachten wollen. Wir unterstützen gerne solche Projekte und verzichten dafür frei im Busch zu stehen, aber so weit sind wir noch nicht.

Urwaldlandschaft nach Mabote

Nach ungefähr 150 Pistenkilometern stossen wir auf eine Kreuzung. Die grosse Piste die wir bisher befahren haben ist mit einem Stopp Schild abgesperrt, ein kleiner Wegweiser und unser Navigationsgerät zeigen nach rechts. Schlagartig befinden wir uns nur noch auf einem sandigen Feldweg. Die ersten Bäume mit tiefhängenden Ästen können wir noch gut umfahren und frische Spuren lassen sich auch erkennen.

alles aus Naturmaterialien gebaut

Unbekümmert fahren wir also dahin, umfahren Bäume die für den hohen Unimog zu niedrig sind, durchqueren problemlos Weichsandfelder und meistern sogar einige Sumpfumfahrungen. Doch wird es zunehmend schwieriger Wege durch den Busch zu finden. Die Fahrspur hat mittlerweile nur noch Geländewagenbreite und die Mopane Büsche, die sich besonders durch ihr hartes Holz auszeichnen, kratzen am Aufbau. Unsere Solarpanele und Dachfenster müssen einiges aushalten.


Wenn es besonders eng wird und wir langsam Platzangst bekommen folgt bald darauf wieder ein offenes Wegestück und so dringen wir immer tiefer und tiefer in den Buschwald vor.

es wird enger - eine alte Telefonleitung weist den Weg

Manchmal unterbricht ein kleines Dorf die Einsamkeit. Die Lebensumstände der Menschen sind primitiv, sie leben in einfachen Holzhütten, wir sehen keine Brunnen. Ein paar Kühe und Ziegen, karge halb verdorrte Maisfelder und vereinzelte Maniokstauden decken den Nahrungsbedarf. In Mosambik haben rund vierfünftel der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberen Wasser, eine unglaubliche Vorstellung.

Ein Dorf besitzt sogar ein Schulgebäude aber Kinder entdecken wir darin nicht, dafür sehen wir sie immer öfter bei der Feldarbeit. Vielleicht gibt es ja gerade keinen Lehrer, auch dies ist in Mozambik keine Seltenheit.
Genauso wie bei Krankenstationen mangelt es in diesem Land an ausgebildeten Personal.

keine Gewissheit was diese Brücke aushält

Wieder erreichen wir eine Brücke. Sie ist aus Eisen aber sieht nicht mehr so stabil aus wie die vorherigen. Nach Begutachtung trauen wir uns drüber. Für die Frauen und Kinder am Fluss bieten wir eine kleine Abwechslung beim Wäschewaschen. Sie sind sehr zurückhaltend und distanziert, vielleicht weil wir für sie wie von einem anderen Stern erscheinen.

typische Siedlung

Die Piste ist mittlerweile noch kleiner geworden. Jegliche Autospuren sind von Kühen und Ziegen zertrampelt. Seit dem letzten Dorf scheint hier kein Verkehr mehr zu sein. Die Bäume werden immer dichter und langsam versperren uns Äste den Weg.

Als unser Aufbau das erste Mal im Geäst steckt packen wir die Handsäge aus und beginnen uns Stück für Stück durchzusägen. Eine mühsame Arbeit. Es ist Hartholz und wir kommen nur noch sehr langsam voran.

Sumpf - wo ist eine Umfahrung?

Aus den Dörfern werden Siedlungen. Die vielen Sägeaktionen zermürben uns. Als unser Navi nur noch 44 Kilometer bis Machaila anzeigt müssen wir aufgeben.
Die Piste ist zu einer Waldpiste mutiert und für ein Fahrzeug mit 3,50 Höhe unbefahrbar. Nicht einmal eine Motorsäge könnte unsere Probleme lösen.

Dabei haben wir im Vorfeld einige Erkundigungen über die Strecke eingeholt, einige Reiseberichte gelesen und sogar Menschen am Strassenrand gefragt, niemals gab es Zweifel und niemand hatte das Höhenproblem erwähnt.

Outdoor Küche

Nichts ist schlimmer als kurz vor dem Ziel aufgeben zu müssen, doch besser jetzt als einige Sägeaktionen später. 

Alles halb so schlimm wäre da nicht das Zeitproblem. Unser Visum läuft in wenigen Tagen aus und wir müssen uns sputen.

Das nächste Immigrationsbüro befindet sich in der Provinzhauptstadt Maxixe, 200 Pistenkilometer und 170 Asphaltkilometer entfernt.

Wir fühlen uns wie im Wettlauf mit der Zeit und so fahren wir an diesem Tag noch bis kurz vor Sonnenuntergang und campieren dennoch immer noch 20 Kilometer vor dem Erreichen der grossen Stop-Schild Piste. Auch am Rückweg müssen wir mehrmals zur Säge greifen und den Weg freischneiden.

Die Nacht ist unruhig. Zeitig früh brechen wir auf, das Frühstück spärlich, der Appetit ist uns längst vergangen. Wir müssen fahren, fahren ,fahren.

Kurzfristig erleichtert uns dass die Piste langsam breiter wird und der Unimog Aufbau bis auf viele Kratzer keine ernsthaften Blessuren davongetragen hat.

Ist uns bei der Hinfahrt die Piste ganz passabel vorgekommen merken wir nun ernüchtert dass es noch eine lange Tortur werden wird. Die wellige Erdpiste ist bei unserem Ermüdungszustand noch welliger, der viele Urwald nur noch lästig.

Kuhpfad

Kilometer für Kilometer kämpfen wir uns voran, wechseln uns immer öfters beim Fahren ab und sind ohne Pausen unterwegs.

Plötzlich hören wir ein verdächtiges Zischen, mal mehr mal weniger. Ich steige aus und horche von draussen, gehe rund ums Auto und sehe mit Schrecken, der rechte Hinterreifen hat an der Innenflanke einen langen Riss und verliert Luft.

Natürlich wussten wir dass irgendwann eine Reifenpanne passieren wird aber muss das gerade jetzt sein. Seit fast 50000 Kilometer fahren wir ohne jemals einen Reifen gewechselt zu haben, es ist also unser erstes Mal.


das stoppt auch einen Unimog
Erstaunlich pragmatisch und ruhig stellen wir uns der Situation und machen uns zügig an die Arbeit. Der Reservereifen muss mit dem Kran vom Dachträger geholt werden, die Montiereisen und Stangen, der Wagenheber, die Ratsche, wir arbeiten ohne viel nachzudenken und schaffen es tatsächlich in eineinviertel Stunden den Reifen zu wechseln und alles wieder zu verstauen. Wir haben ja keine Vergleichszeiten aber wir sind mehr als zufrieden mit unserer Leistung - ein kleines Erfolgserlebnis.

Leider ist der kaputte Reifen ein Totalschaden. Flankenrisse lassen sich nicht dauerhaft reparieren und das stresst weil wir nur einen Reservereifen dabei haben.

Zum Nachdenken bleibt aber sowieso keine Zeit, rein in den Unimog und weiter geht es.
Fahren, fahren, fahren, eine Ewigkeit, campieren auf einer Nebenpiste, früh aufstehen, weiterfahren. Pausen gönnen wir uns keine.


120 kg Reifen


Zwei Tage bevor das Visum ausläuft erreichen wir Maxixe und steuern sofort das Immigrations Büro an.

Nächste Katastrophe – man verweigert die Verlängerung. Die Verständigung in portugiesisch ist schwierig, wir verlangen nach dem Direktor, endlich kommt jemand der Englisch spricht. Er erklärt dass wir ein Grenz-Visum haben und dieses könnte nicht verlängert werden. Nur Visa von einer mosambikanischen Botschaft im Ausland sind berechtigt eine Verlängerung für weitere 30 Tage zu erhalten.

Ausserdem haben wir ja noch zwei Tage und somit sieht er kein Problem.

Wir aber sind fassungslos. Der nächste Grenzübergang liegt 550 Kilometer entfernt, mit dem Unimog ist das sehr weit.


fast ein Kunstwerk


Es hilft nichts, sollten wir das Visum überziehen kostet es pro Tag pro Person umgerechnet 60 Euro.

Also wieder fahren fahren fahren. Der kaputte Reifen am Dach hat zwischenzeitlich die gesamte Luft verloren, er quietscht bei jeder Unebenheit und lockert sich ständig. Nicht auszudenken wenn wir noch eine Panne hätten, positiv denken und weiter.

In letzter Sekunde erreichen wir die Grenze und reisen aus, zurück nach Südafrika.