Zurück in Kenia


Wenn man uns fragen würde was sich verändert hat seit wir auf (Afrika)Reise sind dann wäre die Antwort:
Es lehrte uns die kleinsten Annehmlichkeiten wieder als grossen Luxus zu empfinden.
Einer dieser neugewonnenen Luxusmomente ist Shopping in einem richtigen Supermarkt. 

Kenia, als wirtschaftlich stärkstes Land Ostafrikas eignet sich dafür besonders. Kaum sind wir also angekommen werfen wir uns in den erst besten halbwegs gut sortierten Lebensmittelmarkt. Wir fühlen uns ausgehungert nach Butter, guten Käse und dunkler Schokolade. Kleine Delikatessen mit grosser Wirkung.


Schuh Shopping - Sandalen aus Autoreifen
Übrigens, die Grenze passierten wir bei Tororo. Ganz easy. Wir bemerkten nichts von endlosen LKW Schlangen und stressigen Trubel. Die Fixer räumten beim Ausspruch „No business“ schnell das Feld und die Geldwechsler verdienten auch nichts denn die Roadtax zahlen wir erst bei Ausreise. Es  war die richtige Entscheidung nicht schon in Norduganda bei Moroto oder Amudat über die Grenze zu fahren. Das West Turkana Land in Kenia ist labil. Erst kürzlich wurde in hiesigen Tageszeitungen von einem blutigen Zwischenfall berichtet. Unglaublich aber wahr, die ansässigen Stämme stehlen sich gegenseitig Rinder und streiten um Land. Mit Speer und Kalaschnikow bewaffnet endet so eine Auseinandersetzung nicht selten tödlich.

so sieht hier ein Haus aus

Zumindest wissen wir jetzt das ein Grenzübertritt von Uganda nach Kenia im Norden problemlos möglich wäre. Die Ugander sind hier sehr entspannt und in Kenia ist die Einreise auch ohne Grenzposten möglich. Man holt die Formalitäten problemlos in der nächsten Stadt nach.

vor  Maralal

In Kenia wird es wieder ordentlich bergig. Wir zuckeln langsam hinter LKWs nach Eldoret. Dort herrscht gerade Rushhour und wir stehen im Stau. Soviele Autos haben wir schon lange nicht mehr gesehen. In Uganda gab es ja kaum Privatverkehr.
Wir befinden uns auf gut 2000 Metern und kramen zur Abwechslung unsere Jacken hervor. Endlich geniessen wir die Äquatorsonne ohne zu schwitzen. Schon wieder ein kleiner Luxus. Auf der Campsite einer netten Lodge treffen wir erstmalig auf diese berühmten Overland Trucks. Busreisen auf afrikanisch. Gleich drei Reisegruppen bevölkern die Plätze nebenan. Am nächsten Morgen ist der Spuk wieder vorbei. Alle sind weitergezogen und folgen dem straffen Zeitplan. Afrika im Schnelldurchgang, Busreise eben.


Wir geniessen dagegen unser Slow Traveller Dasein und fahren in gemütlichen Etappen durchs Land. Vorbei an Iten, dem Zentrum und Trainingsgebiet der kenianischen Marathonläufer. Es liegt auf 2400 Meter und bietet ideale Höhentrainingsbedingungen. Läufer sehen wir aber keinen.

Kerio Valley

Entschädigt werden wir dafür mit grandioser Aussicht auf das Riftvalley, hier Kerio Valley genannt. Landschaftlich wunderschön mit herrlichen Ausblicken. Jetzt geht es aber erst einmal über 1000 Meter hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf. Für uns beinahe ein Tagestrip.

Lake Baringo

Wieder oben angekommen geht’s bergab ins nächstes Rift Valley, der Verlängerung des Lake Turkana, dort liegt unser Ziel der Lake Baringo. Die schwüle Hitze bringt nur wenig Entspannnung. Den See vor der Nase aber dennoch keine Möglichkeit auf Abkühlung. Krokodile und Bilharziose Gefahr verleiden uns das Vergnügen. Zumindest unternehmen wir eine Bootsfahrt durch die versunkene Uferlandschaft und beobachten Fischadler beim Jagen. Auch gut. 

Fisch verfehlt

Aber jetzt freuen wir uns wieder auf eine Strecke in Einsamkeit. Es zieht uns über das Laikipia Plateau nach Maralal. Pistenfahren steht am Programm. Im Nachhinein betrachtet eine der schönsten Landschaften die wir bisher in Afrika befahren haben. Wenig Besiedelung, bergige Trockensavanne, gute Piste und freundliche Leute. Wir finden einen schönen Wildcamping Platz. Die vorbeiziehenden Hirten mit ihren Rinderherden sind sehr zurückhaltend. In einem vermeintlich unbeobachteten Moment zücken sie das Smartphone und der Unimog dient als Fotomotiv.

Piste nördlich von Laikipia

Längst bewegen wir uns im wilden Teil Kenias, dem Gebiet der Pokot, Turkana und Samburu. Traditionelle Völker mit Rinder und Ziegenherden, halbnomadisierend wie die Karamoja in Uganda. Je weiter wir vordringen umso traditioneller begegnen uns die Menschen in ihrem Outfit. Kein Vergleich zu den touristisch verdorbenen Massai im Süden. Hierher verirren sich nur wenige Weisse.
So passiert es auch dass ein Mädchen vor uns wegläuft und Kinder sich verstecken.
Eine neue Erfahrung.

Die Piste ist wirklich einmalig gut bis, ja, bis wir auf die Hauptpiste nach Maralal treffen. Ab nun katastrophale Verhältnisse die uns zu Schritttempo zwingen. Finden wir gar nicht spassig.

Die Besiedelung nimmt auch massiv zu und so kämpfen wir uns entnervt bis Maralal weiter. So richtig sympathisch ist uns der Ort nicht, ein Kaff auf das man auch verzichten kann, muss man nicht gesehen haben.

Maralal

Die empfohlene vermeintlich tolle Campsite entpuppt sich dann auch noch als Reinfall. Zig Kilometer folgen wir Schildern auf einen immer kleiner werdenden Bergpfad der an einem neuen Stacheldrahtzaun endet. Daneben schlängelt sich ein Mini Feldweg eng und abschüssig den Hang entlang. Wir versuchen zu Fuss die Einfahrt zur Lodge zu erkunden aber es ist zu weit. Nein, das tun wir uns nicht an, wer weiss ob dann überhaupt genug Platz für einen LKW vorhanden ist. Mühsam aber dank Unimog kehren wir um mühen uns alles wieder zurück und übernachten schliesslich beim Camel Camp. Das überrascht uns mit warmen Duschen, schon wieder ein kleiner Luxus, wenn man vom Ambiente des Duschverschlages absieht. Die touristische Hochblüte scheint in dieser Gegend vorbei zu sein, es ist ein wenig wie am Ende der Welt.

Multifunktioneller Bus


Der ähnlich benannte Worlds View End Aussichtspunkt reizt uns nicht mehr, wir haben genug gesehen und beschliessen auf direkten Wege nach Archers Post zu steuern. So hoppeln wir auf der kaum befahrenen Hauptroute, wie immer super langsam in Richtung Zivilisation. 
Eine christliche Missionsstation in Lodungokwe dient uns als Übernachtungsstopp. Carlos, der kolumbianische Pfarrer ist unglaublich gastfreundlich. Nur ungern nimmt er am nächsten Tag unsere kleine Spende entgegen. Wir bewundern ihn es hier an so einem abgelegenen Ort im absoluten Nichts auszuhalten. Er erzählt dass die Christengemeinde nur klein sei denn hier herrscht immer noch Naturglaube. 

Samburu Frau

Das Leben der Menschen ist entbehrungsreich. Trockenheit, Wasserknappheit, kaum medizinische Versorgung oder Schulen. Es ist ein hartes Leben in dieser Trockensavanne. Besonders Frauen haben ein schweres Los gezogen. Sie schleppen kilometerweit Wasser in schweren Kanistern, kümmern sich um Haus und Kinder. Eine junge Frau erzählt dass sie bereits mit 12 Jahren ihr erstes Baby gebar. Bei den heimischen Stämmen herrscht die Sitte dass junge Frauen mit den ältesten Männern verheiratet werden. Wobei, ein Mann gilt bereits mit 35 Jahren als alt denn die Lebenserwartung ist unter diesen harten Bedingungen beschränkt.

Samburu Krieger

Wir beobachten viele junge Krieger mit Speer und traditionellen Kopfschmuck. Arbeiten sehen wir jedoch nur Frauen und Kinder die meist als Ziegenhüter im Einsatz sind.
Wer sich fragt wovon die Menschen leben. Ihr Hauptnahrungsmittel ist Milch vermischt mit etwas Blut dass sie regelmässig der Halsschlagader ihrer Kühe entnehmen, sehr archäisch.

Dennoch gibt es Fotos von den stolzen Kriegern nur gegen Bezahlung aber 100 KES = 1 Euro ist es uns wert.

Erst auf den letzten Kilometern dieser Tour erreichen wir die Asphaltstrasse. Auf nagelneuen Teer fahren wir nach Archers Post. Wie der Name vermuten lässt ein echter Aussenposten.  
Wir nutzen die Gelegenheit und unternehmen einen Abstecher in das Samburu National Reserve.

Samburu National Reserve


Für Ausländer muss man für Eintritt und einer Camping Übernachtung USD 210,-- berappen. Die Preise für Einheimische liegen bei einem Bruchteil.
Wir werden aber mehr als belohnt denn nicht nur die Landschaft ist eine Freude sondern auch die Elefantenherden und wir finden endlich Geparden.
Ausblenden muss man hingegen die vielen, wirklich vielen Kuh und Ziegenherden die auch mitten im Park zu finden sind. Hier läuft sichtlich einiges schief und ist ausser Kontrolle geraten. Es fehlen Pufferzonen, die grosse Trockenheit und die Landnot bringen eine ungewisse Zukunft für die Wildtiere in diesem Reserve.
Dennoch es war super und sehr empfehlenswert.

Übernachtungsplatz im Samburu National Reserve


Jetzt brauchen wir aber wirklich Erholung. Vor uns liegt der Mount Kenia und die Strasse zieht sich 1500 Höhenmeter in einem Schuss den Berg hoch. Stetig und zäh erklimmt der Unimog die fruchtbaren Hänge des  zweithöchsten Berges in Afrika. 
Im Tal kämpfen die Menschen mit Trockenheit und Hunger und hier reihen sich üppige Felder immenser Farmgelände aneinander. Die früheren Kolonialherren wussten schon wo sie sich ansiedeln. Die Temperaturen sinken von unerträglichen 36 Grad auf 23. Die frische Bergluft ist ein Genuss. Ein Supermarkt lässt noch auf sich warten aber bald erwartet uns wieder Luxus.
Klares Wasser, gekachelte gepflegte Waschräume, ein Eis – wie schön kann Zivilisation sein.


Mount Kenia