West Tansania – Wo Armut wohnt


Ist es nicht verrückt, fragen wir uns. Wir haben endlich eine neue Asphaltstrasse unter den Rädern und fahren gleichzeitig durch eines der ärmsten Teile des Landes.

An der Grenze zu Sambia in Tunduma steckten wir noch im Stau und stöhnten über tiefe Schlaglöcher und der mit Händlern völlig überfüllten Stadtdurchfahrt. Nur wenige Kilometer später das krasse Gegenteil.


einfaches Leben

Erst vor zwei Jahren wurde die von den Amerikanern finanzierte Strasse fertiggestellt. Nur ab und zu begegnet uns ein Überlandbus oder noch seltener ein Laster. Es wäre zu schön gäbe es nicht alle paar Kilometer diese lästigen Speedhumps, künstliche Bodenwellen die uns zum permanenten Abbremsen zwingen.
Ausser der Strasse ist die Region jedoch absolut unterentwickelt. Westtansania wird deshalb auch „die vergessene Region“ genannt.

Frau trägt alles am Kopf

Ochsenkarren, Schubkarren und Esel scheinen die einzigen Hilfsmittel zu sein die die Bewirtschaftung des trockenen savannenähnlichen Hochlandes erleichtern. Obwohl wir kaum Felder sehen durchqueren wir unzählige, arme Dörfer. Die meisten Häuser bestehen noch aus Holz, Lehm oder Erde und sind mit Stroh gedeckt. Das karge Ackerland wird mit Ochsen gepflügt. Die Menschen sind hauptsächlich zu Fuss unterwegs, schon Fahrräder sind selten. Unglaublich dafür die Freundlichkeit. Unser Winken wird herzlich erwidert, fast haben wir den Eindruck als freuen sich die Leute das ihnen jemand Beachtung schenkt.
wie vor hundert Jahren

Unterbrochen wird dieses ärmliche Bild nur durch die Provinzhauptstadt Sumbawanga. Auch hier gibt es nur wenige Privatautos aber dafür mehr Busse und LKW´s. Wir durchstreifen den Markt. Die engen Gassen und winzigen Geschäfte erinnern uns an die Souks im Orient nur eben viel kleiner. Das Angebot besteht zum Grossteil aus kleinen Holzöfen, Schaufeln und Stoffen. Zumindest finden wir ein bisschen Gemüse und Obst. Wir nehmen was es gibt, denn die nächste grosse Stadt ist weit.
Markt von Sumbawanga

Wenige Kilometer später lassen wir schon wieder Luft aus den Reifen, ab jetzt nur noch Piste. Bestimmt wären Entwicklungshilfe Gelder für weiteren Strassenbau zur Verfügung gestanden aber die versiegen im Korruptionsdschungel der tansanischen Regierung.

Zunächst steuern wir zum Tanganyika See. Nach dem Baikal See in Russland ist er mit 1400 m der zweittiefste See der Welt. Wie der Malawisee ist auch er berühmt für den Reichtum an Aquariumfischen. Leider bekommen wir keine zu Gesicht weil, wie fast überall in Afrika, das Wasser Bilharziose Gefahr birgt.
 
Camp im St. Bernhard House - Lake Tanganyika
Das erste Camp schlagen wir in der überteuerten Lakeshore Lodge auf. Wir fühlen uns aber schnell deplatziert. Hundert Meter weiter herrscht beklemmende Armut und so übersiedeln wir in die kleine Missionstation im Dorf. Gerne würden wir den Menschen etwas abkaufen aber hier gibt es nicht einmal Marktstände geschweige denn eine Krankenstation. Wäschewaschen wird im See oder Fluss erledigt und oft dient das schlammige Flusswasser auch als einzige Trinkwasser Quelle. Es ist unvorstellbar dass man es bis ins 21. Jhdt. nicht geschafft hat eine ordentliche Wasserversorgung zu gewährleisten. Obwohl manchmal gute Projekte einfach an der weiteren Instandhaltung scheitern. Es gibt keine Ersatzteilversorgung und es fehlen geschulte Fachkräfte.  
 
beim Dorfbrunnen
Trotz dieser schweren Lebensbedingungen ist die Zahl der Kinder unfassbar hoch. Vor fast jedem Haus sitzen mindestens fünf. Je mehr Armut umso mehr Kinder, ein Phänomen mit internationaler Gültigkeit. Altersvorsorge, keine Verhütungsmittel, kulturelle Werte, es mag genügend Gründe dafür geben aber es verbessert nicht gerade die Zukunftsperspektiven armer Länder. Bevölkerungsdruck, Arbeitslosigkeit, Hunger sind nur ein paar Beispiele die zur immer grösseren Herausforderung führen.
 
Rinderherden als Lebensgrundlage

Wir müssen uns auch eingestehen dass wir als Durchreisende die Situation nicht ändern können. Seit langem haben wir allerlei Süssigkeiten an Bord aber bisher gestattete es noch keine Begegnung diese zu verteilen. Es braucht Überwindung es nicht zu tun, denn wer freut sich nicht über lachende Gesichter. In letzter Konsequenz kann mit der Verteilung von Geschenken mehr Schaden als nachhaltiger Nutzen verursacht werden. Es schürt Begehrlichkeiten, fördert künftige Bettelei und nährt das Klischee dass der „Mzungu“ („Weisse“) immer gibt aber nichts einfordert. Unser Zugang mag vielleicht hart klingen aber das ist Realität.
Die Kinder stört es wenig, sie sind immer fröhlich und lachen. Besonders lustig finden sie Videoaufnahmen wenn sie am Display ihre Freunde beobachten und sich selbst vor der Kamera postieren.
 
kurzer Stop bei einer Schule
Für uns geht es erstmals weiter auf den wirklich katastrophalen tansanischen Pisten. Wieder müssen wir wild übernachten denn mit der Unimog Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h werden hunderte Kilometer auf dieser Strecke zur Expedition.

Wir freuen uns total als wir endlich den Katavi Nationalpark erreichen. Abgesehen davon dass die Piste durch den Park noch schrecklicher ist als die ausserhalb, hoffen wir auf nette Tierbeobachtungen. Leider werden wir nicht belohnt. Die Piste führt durch dichten Miombo Trockenwald, das erste Hippo erblicken wir erst auf der Campsite beim Parkausgang.
Und obwohl bereits bei der Parkdurchfahrt die Tsetse Fliegen nervig waren lassen wir uns nicht entmutigen den Katavi NP genauer zu erkunden.

Wildcamping in Westtansania


Wir buchen zwei Nächte auf einer Public Campsite im Park aber das erzählen  wir in einer anderen Geschichte.